ET11 Der silbere Wanderer

Aus Tobrien Wiki
Wechseln zu:Navigation, Suche


Briefspiel
Der silberne Wanderer
Region: Ysilien
Ort: Junkertum Eisentann
Zeitraum: 1043 BF
Beteiligt: Cendrasch Sohn des Chrysoprax
Kapitel:


Der silberne Wanderer

In den Wäldern des Junkergutes Eisentann, Rahja 1043 BF

Es war eine von tief wallendem Nebel verhangene Vollmondnacht im Rahja des Jahres 1043 BF, als die Angroschim, um den Junker von Eisentann, zwei Wagenladungen Erz aus Mortar Oktasch nach Waidbruch brachten.

Sie waren spät dran. Eigentlich hatten sie, wie stets, tagsüber den Weg hinter sich bringen wollen, doch bei einem der beiden, schweren Wagen war beim Aufladen ein Achse gebrochen, so dass sie aufgehalten worden waren. Abwarten, um erst am kommenden Tag den Weg anzutreten, hatten sie aber auch nicht können. Der Händler, der das Metall laut bestehendem Vertrag erwarb, würde schon am Mittag mit seinen Wagen und einer kleinen Bedeckung in der Siedlung am Rande der Wälder von Speckfelden ankommen. Die Zeit eilte also, denn die Zwerge von Mortar Oktasch benötigten die Devisen, ebenso wie Eisentann, welches einen Teil davon kassierte.

Nun waren sie also, dem besagten Zustand zur Zeit geschuldet, ohne Phexens Sternenzelt bewundern zu können, unterwegs. Gorm und Groth, die Vertrauten des Junkers, gingen dem kleinen Zug mit Fackeln voran und prüften den Weg. Konan und Killibrim bildeten, auf dem holprigen von Baumwurzeln und Schlaglöchern übersäten Pfad, durch den dichten Mischwald, die Nachhut. Wie zu erwarten gewesen war, kamen sie nur langsam voran.

Cendraschs, der auf dem Kutschbock, des vordersten der Wagen, neben dem Fahrer saß, spähte in die Dunkelheit jenseits des, von Sturmlaternen und Fackeln gebildeten, Lichtkreises um sie herum. Er fluchte. So hatte er sich das nicht vorgestellt. Bei Dunkelheit durch die Wälder von Speckfelden, das war eine selten dämliche Idee, aber naja, so war es nun einmal.

Etwa auf halbem Weg, der Zug der beiden, mit einer fest montierten Windarmbrust versehenen, Wagen und der sie begleitenden, gerüsteten Zwerge, durchquerte gerade eine morastige Senke innerhalb des Waldes, als Cendrasch zwischen den Nebelfetzen eine Spiegelung des Mondlichts ausmachte. Er hatte die flüchtige Reflektion nur kurz, rechter Hand ihres Weges, zwischen den Bäumen ausgemacht. Als er den Kopf aber in diese Richtung wandte, war bereits nichts ungewöhnliches mehr auszumachen. Erneut fluchte Cendrasch, dann hob er die Hand und gab den Befehl zum Halten. Fast unverzögert hielten die beiden kräftigen Bullen, die ihre Fuhrwerke zogen. Ihnen kam die Pause vermutlich nicht ungelegen.

Grom und Groth drehten sich nur kurz irritiert zu ihrem einstigen Hauptmann in der ‘Orkentrutz’ um, dann spähten auch sie in die Dunkelheit hinaus. Weitere Worte waren nicht notwendig. Sie ahnten, dass Cendrasch etwas registriert hatte, dass ihn zum Halt bewog. Der Junker selbst nahm den Zwergenschlägel, der mit dem schweren Kopf zwischen seinen Füßen geruht hatte, auf und sprang etwas ungelenk vom Kutschbock.

“Gorm, Groth zu mir!”, befahl Cendrasch. “Konan, nach vorn! Du und Killibrim sichert die Wagen! Wir anderen drei vergewissern uns, dass wir alleine sind. Ihr”, sprach er zu den vier Mann Bedeckung aus Mortar Oktasch, die auf den Wagen saßen. “macht die Windarmbrüste einsatzbereit!"

Seine Brüder und die Besatzungen der Wagen gehorchten ohne Widerrede, und so marschierten die drei Zwerge, aufgefächert in zwei Schritt Abstand voneinander, in den Wald, in Richtung der Spiegelung, die der Junker wahrgenommen hatte. Gorm und Groth trugen in ihrer linken Hand Fackeln und in der anderen ihre Lindwurmschläger.

Zwanzig Schritt weiter, ihre Schritte machten deutlich wie nass und matschig der Boden war und das es sicher nicht lange dauern würde bis sie nasse Füße hätten, kam von Groth, der zur Linken Cendraschs lief, ein schlichtes “Kontakt.”

Köpfe ruckten herum und blickten in die Richtung, in die der Sohn des Grimmgax sah. Tatsächlich, ungefähr dreißig Schritt weiter konnte Cendrasch, zwischen einigen kahlen Tannen, einen undeutlichen Schemen ausmachen, der das fahle Mondlicht reflektierte. Doch das ‘Ding’, als das es sich herausstellen sollte, registrierte, dass es entdeckt worden war und preschte auf die drei Zwerge los.

Auf sechs schlanken, metallischen Beinen stakste ein Monstrum halb Spinne, halb Humanoid- zumindest was den Torso mit einem Armpaar betraf rasend schnell auf sie zu. Es hatte offenkundig keine Probleme mit dem Untergrund.

Cendrasch brüllte: “Auseinander!” und seine beiden Waffenbrüder rückten noch weiter voneinander fort, um zumindest die Chance zu erhalten, das Ding in die Zange zu nehmen.

Schon war es heran. Einer seiner Arme lief in einem langen Speer aus, dessen tödlich anmutende Spitze, im Licht der Fackeln, bedrohlich funkelte. Der andere war am Unterarm zu einer breiten Sichel geformt. Mit keinem dieser Gliedmaßen wollte der Junker Bekanntschaft machen und doch blieb ihm keine Wahl.

Gerade noch rechtzeitig vermochte es Cendrasch dem Speer auszuweichen. Schon schlug die Sichel gegen den fahrig erhobenen Hammerkopf und Funken flogen. Er brauchte einen sicheren Stand. Auf diesem Grund würde er unweigerlich irgendwann stürzen und wäre des Todes. Er wich zurück, stolperte fast dabei. Cendrasch hatte aber inzwischen erkannt, dass das Monstrum vollständig aus Metall zu bestehen schien. Es blieb nur ein Schluss: Es war eine verfluchte Kriegsmaschine. Eine Apparatur aus Metall und Mechaniken, von finsterer Magie zum ‘Leben’ erweckt und wohl vergessen worden, als Haffax Schergen sich aus Speckfelden- aus diesem Teil Tobriens hatten zurückziehen müssen.

Währenddessen schlugen Gorm und Groth mit den kurzstieligen Äxten nach dem hinteren Beinpaar der Spinnen- Apparatur. Bis auf leichte Dellen im Metall erreichten sie damit aber nichts, nicht einmal die Aufmerksamkeit dieses Dinges. Weiter drang es auf Cendrasch ein, der im Rückzug begriffen war.

Ein weiterer, todes verheißender Stoß des Speerarmes, fuhr nur Haarscharf an Cendrasch vorbei und doch hatte sich der bullige Angrosch verschätzt. Während die Schneide der Sense ein weiteres Mal geräuschvoll über den Hammerkopf schrammte, konnte es der Zwerg nicht verhindern, dass die spitz zulaufende Klinge mit ihrem Ende in seine Schulter drang. Cendrasch stöhnte vor Schmerz. Speichel lief ihm durch die vor Pein zusammengepressten Zähne.

Gorm, der den Ernst der Lage sofort erkannte, zögerte nicht und schleuderte die Axt in seiner Hand mit aller Wucht, die er aufbringen konnte. Geräuschvoll krachte die kopflastige Waffe gegen den Rücken, der zu widernatürlichen Leben animierten Kriegsmaschine.

Der Oberkörper des metallischen Monstrums ruckte auf seinem Spinnentorso herum und riss dabei die Sense aus Cendrasch Schulter. Dieser Schrie und es lag nicht nur Schmerz darin, sondern auch Hass auf die Maschine, welche vom Widersacher Angroschs erfüllt sein musste.

Groth übernahm die Initiative. Die Zeit drängte. Während sein waffenloser Zwillingsbruder bereits zurück sprang, und somit auf Distanz ging, brüllte Groth: “Zurück zu den Wagen!” Dabei schlug er den, nach ihm stoßenden, Speerarm, mit dem Axtblatt, beiseite.

Cendrasch wusste instinktiv, dass er den kurzen Moment, den ihm seine Freunde erkauft hatten, nutzen musste. Sie konnten dem Ding keinen Einhalt gebieten. Nicht mit diesen Waffen. Er drehte sich um und rannte, so schnell er konnte und es der schlammige Boden zuließ. Seine beiden Kameraden taten es ihm gleich.

Gehetzt von der Spinnenapparatur spurteten die drei Angroschim in Richtung der Wagen. “Schießt, schießt!”, brüllte der Junker aus Leibeskräften in Richtung der Schützen an den Windarmbrüsten. Sie hatten die halbe Strecke bereits zurückgelegt während die schrillen, quietschenden Geräusche der Maschine deutlich verkündeten, dass er jeden Moment fürchten musste, von einem Speer durchbohrt oder Ihrer Sense enthauptet zu werden.

Mit all seiner verbleibenden Kraft hechtete Cendrasch zur Seite und ließ dabei den Schlägel fahren, als er das “Runter!” von vorne vernahm. Hart schlug er auf eine knorrige Baumwurzel, die ihm den Atem aus den Lungen presste. Schmerz, nicht nur von seiner Schulter wallte durch seinen Leib. Matsch flog ihm klatschend ins Gesicht und in seinen nach Atem ringenden Mund. Dennoch hörte er die beiden Einschläge fast unmittelbar hinter sich. Sie klangen, als würde Metall bei der Arbeit eines Plattners ausgebeult, nur um ein Vielfaches lauter.

Hektisch, fast panisch, da er die Spinnenbeine nun über sich quietschen hörte, drehte sich Cendrasch auf den Rücken. In immer schnelleren Stößen drückte er sich über den Boden rutschend, mit den Füßen von der Apparatur fort. Ein Spinnenbein traf ihn in den Oberschenkel. Es war kein gezielter Stich, sondern viel mehr purer Zufall. Dennoch drang die schlanke Spitze aufgrund des enormen Gewichtes der Kriegsmaschiene mehrere Finger weit in den Muskel. Wiederum wollte der Angroscho schreien. Wiederum wollte der Angroscho schreien, doch der Morast in seinem Mund ließ es zu einem erstickten Röcheln werden.

Dann war das Ding nicht mehr über ihm und das Quietschen der Gelenke entfernte sich. Hastig wischte sich Cendrasch mit dem Handrücken über die Augen und erkannte, dass die Apparatur von dannen schritt. Offenbar hatte sie genug.

~*~