ET10 Nur ein Symbol
Nur ein Symbol
Region: | Ysilien |
Ort: | Junkertum Eisentann |
Zeitraum: | 1043 BF |
Beteiligt: | Cendrasch Sohn des Chrysoprax |
Kapitel: |
Nur ein Symbol
Wehrdorf Waidbruch im Junkergut Eisentann, Ingerimm 1043 BF
Wenige Tage nachdem der Herr von Feuer und Erz eine Heimstatt in Eisentann gefunden hatte und alle Unerze in die Kammer unterhalb des Allerheiligsten umgebettet worden waren, suchten Cendraschs engste Vertraute ihn in seinem Arbeitszimmer auf. Es war noch früh am Tag, der Junker hatte gerade gefrühstückt und saß nun mit einem dampfendem Becher Tee an seinem Schreibtisch, um sich den Korrespondenzen mit der Kirche des Ingerimm zu widmen, als es an der Tür klopfte.
Der Junker war überrascht, als nach einem Knappen "ja" seinerseits die Zwillingsbrüder Gorm und Groth, sowie Kolon, der Sohn des Kodnan und Killibrim, Sohn des Karax eintraten- ohne, dass er auch nur einen von ihnen zu sich gerufen hatte. Als letztes drängte sich dann auch noch Atosch- der Schmied Waidbruchs in den kleinen, getäfelten Raum. Er wurde aber sogleich von den anderen nach Vorne durch gelassen.
Neugierig blickte Cendrasch den Amboßzwergen an, der nun im neuen Tempel wohnte und scheinbar Wortführer der kleinen Schar seien würde. Irgendetwas schien hier vor sich zu gehen und Cendrasch hatte keine Ahnung was es war.
Der Sohn des Argom schien zunächst unschlüssig, wie er ‘ihr Anliegen’ vorbringen sollte, selbst als der Junker lächelnd die Augenbrauen hob- wie einer Aufforderung gleich, schwieg er mit unsicherer Miene. Erst als Gorm dem Schmied eine Hand auf die breite Schulter legte, fand Atosch seine Stimme.
“Cendrasch”, wählte er den vertrauten Ton, der zwischen den Angroschim Eisentanns so üblich war. “Wir haben etwas für dich”, erklärte Atosch.
“Nun, da Waidbruch für uns alle eine Heimat geworden ist und wir die ersten Götternamen überstanden haben, sind wir einhellig zu dem Entschluss gekommen, dass du ein Symbol benötigst, dass dich als Junker ausweist.”
Cendrasch hob reflexartig, abwehrend die Hände- wollte sogleich aufbegehren, doch Groth- der wohl ungehobeltste seiner Freunde kam ihm zuvor und viel ihm ins Wort. “Wir wissen wie wenig du davon hältst und du weißt, dass wir loyal zu dir stehen, egal welchen Titel du trägst- ob nun Hauptmann der Orkentrutz, in der wir unter dir dienten, oder eben Junker.
Wir, deine Brüder, brauchen kein Symbol, doch die Menschen tun es. Du bist ein Kind Angroschs und keiner von ihnen, dennoch bist du ihr… Herr. Außerdem sollten deine Gäste stets daran erinnert werden mit wem sie sprechen, damit sie dir Respekt zollen.”
Zustimmendes Nicken war die Antwort der Anderen und Atosch griff derart ermuntert in einen kleinen Stoffbeutel, der bis dahin an seinem Werkzeuggürtel gehangen hatte. Zum Vorschein kam ein dicker, etwa drei Finger breiter Reif aus blank poliertem Eisen. Er war schlicht. Einzig drei Tannen aus rötlich schimmerndem Kupfer waren kunstfertig auf einer Seite in das Metall eingelassen worden.
Der Schmied reichte Cendrasch das Schmuckstück und dieser nahm es fast schon ehrfürchtig entgegen. Die Augen des Junkers leuchteten, auch wenn er immer gegen ein sichtbares Zeichen seiner Würde gewesen war. Der Reif war einfach und vielleicht genau deswegen schön in seiner Wahrnehmung.
“Danke”, brachte er daher mit kratziger Stimme hervor. “Ihr schätze mich glücklich solche Freunde zu haben.” Er war gerührt und dennoch….
“Meint ihr wirklich...”, setzte Cendrasch zu einer Frage an, doch wiederum nickten seine Freunde wie ein Mann und Killibrim sagte: “Du weißt, dass wir dich erst zufrieden lassen, wenn du ja sagst.”
Der Junker seufzte, doch es war kein Ausdruck von Widerwillen. Er musste unweigerlich grinsen. Seine Freunde hatten dies alles bereits durchgesprochen- dies war ihm nun klar. Sie hatten sich bei allem etwas gedacht. Er würde sich fügen, dass war er ihnen- die ihm so bereitwillig hierher nach Tobrien, in eine ungewisse Zukunft gefolgt waren einfach schuldig.
“Dann macht es so”, beschied der Junker zustimmend mit fester Stimme und reichte den Reif wieder an Atosch. “Und nochmals danke.”
Als seine Freunde schließlich unter viel Gemurmel, sowie freudigem Gelächter gegangen waren und sich die Tür zu seinem Arbeitszimmer wieder geschlossen hatte, lehnte sich Cendrasch in seinem Lehnstuhl entspannt zurück. Was man wohl am Baronshof zu Speckfelden zu seinem ‘eigenwilligen’ Junkerreif sagen würde? Cendrasch lachte in sich hinein. “Wird sich zeigen”, sagte er breit grinsend zu sich selbst.
Er jedenfalls würde den Reif mit Stolz tragen, denn er war für ihn nicht nur ein Standesymbol. Mehr noch als das war es Ausdruck von Freundschaft und Loyalität.
Und was sollte man schon dagegen haben? Der Herzog, der ihn für seine Verdienste während des Haffas- Feldzuges zum Junker ernannt hatte, hatte einfach andere Sorgen gehabt, als sich um ein Herrschaftssymbol zu kümmern- noch dazu für ein Gut, welches neu begründet worden war. Nun hatte man die Sache halt selbst in die Hand genommen und letztlich war es ja auch nur ein Symbol- wenn auch ein schönes.
Mit neu gewonnener Motivation machte sich Cendrasch an den Papierkram und trank den gewürzten Tee. An diesem Tag sollte ihm die sonst so lästige Arbeit einfacher von der Hand gehen und er wusste warum.
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