ET07 Wolfshatz

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Briefspiel
Wolfshatz
Region: Ysilien
Ort: Junkertum Eisentann
Zeitraum: 1043 BF
Beteiligt: Cendrasch Sohn des Chrysoprax
Kapitel:


Stunde um Stunde verfolgten sie nun bereits die Spur des Werwolfs, der Bestie, die Eisentann bereits hohen Blutzoll gekostet hatte, doch noch immer nicht hatten sie ihn gestellt. Cendrasch wusste, dass die Bluthunde keine große Hilfe bei einer Konfrontation seien würden, bis dahin aber taten sie ihre Arbeit und verfolgten dem anscheinend starken Geruch von Arngrimms Schergen. Sie waren zu fünft. Die Zwillinge Gorm und Groth waren bei ihm, zusätzlich zwei weitere Mitglieder der Wachen von Waidbruch, ebenfalls Angroschim.
Die Sonne war längst aufgegangen, aber Cendrasch war sich trotzdem nicht ganz sicher wo sie sich inzwischen befanden. Eisentann jedenfalls hatten sie längst verlassen, Speckfelden wohlmöglich auch. Da die Spur grob gen Efferd führte, konnten sie sich auch schon in Schwarztobrien befinden. So tief in der Wildnis war das nicht eindeutig auszumachen, außerdem waren der Junker und seine Mannen keine gebürtigen Tobrier und kamen nicht sehr häufig aus Eisentann heraus. Der Morgen zog sich dahin, Heidelandschaft wechselte sich mit kleinen und großen Baumschonungen ab. Der Tag war diesig, die Feuchtigkeit der Nacht hing noch immer über der Landschaft. Kleinere Nebelbänke zogen über die freien Flächen, oder hatten sich an Baumgruppen verfangen.
Plötzlich heulte ganz in der Nähe, irgendwo auf ihrer rechten Flanke ein Wolf. Die Angroschim zuckten, wie von einem Peitschenhieb getroffen zusammen. Dann realisierte Cendrasch, dass es nicht ein Tier war, sondern mehrere.
Ohne einen Befehl erteilt zu haben, bildeten die Zwerge einen Kreis. Hammer und Amboß, die beiden Bluthunde zerrten nervös an ihren Leinen und begannen zu knurren, ein Zeichen dafür das es ‘echte’ Wölfe waren, keine verfluchte Kreatur, die auf zwei Beinen zu wandeln vermochte. Das Geheul erstarb so plötzlich, wie es angestimmt worden war. Schemen kamen näher, immer wieder erhaschten die Angroschim einen Blick auf das schmutzig-graue Fell eines der Tiere des Rudels, die begannen sie zu umkreisen. Im hohen Heidegrad, welches dem Junker und seinen Mannen teilweise bis zu den Hüften reichte, waren sie nie zur Gänze zu erkennen. Es mochten fünf oder sechs sein, möglicherweise aber auch ein ganzes Dutzend.
“Sie verhalten sich widernatürlich”, knurrte Gorm in seinem Rücken. Cendrasch nickte nur, auch wenn er wusste, dass sein Freund die Geste nicht wahrnehmen konnte. Ja, Wölfe sollten sich zu dieser Jahreszeit, wo sie ausreichend Nahrung finden sollten, keinen Menschen nähern, auch keinen Angroschim.
“Haltet euch bereit und deckt eure Seiten”, sprach der Junker ruhig. “Bleibt zusammen, so dass sie nicht in unseren Rücken gelangen können.” Kaum, dass er diese Ermahnung ausgesprochen hatte, griffen die Wölfe an. Es waren geübte Jäger, sie agierten als Rudel, das machte sie so gefährlich. Aber Cendrasch, seine Vertrauten Gorm und Groth, ebenso wie die anderen Mitglieder der kleinen ‘Strafexpedition’ waren vorbereitet und kannten einander inzwischen gut. Längst hielten sie ihre Waffen in den Händen und hatten alle einen sicheren Stand gefunden. Die Zwillinge ließen die Leinen von Hammer und Amboß fahren und die Hunde, die den Wölfen aufgrund ihrer Größe und ihres Gewichtes überlegen waren, griffen ihrerseits an.
Cendrasch erwartete einen der Wölfe bereits, als dieser in seine Richtung sprintete und zum Sprung ansetzte. Mit dem Dorn seines Zwergenschlägels stoppte er das Tier im Sprung und hämmerte ihn auf den Boden zu seinen Füßen. Währenddessen hieben Gorm und Groth mit ihren Doppeläxten nach den Tieren, wobei alle darauf achteten einander genügend Platz zu geben, um mit den langstieligen Waffen agieren zu können ohne einander zu verletzen. Ein weiterer Wolf war gerade im Begriff Cendrasch anzugehen, es waren erst wenige Augenblicke vergangen, seitdem der Ansturm begonnen hatte, als der Junker im Augenwinkel wahrnahm, dass die Hunde plötzlich panisch das Weite suchten.
“Er kommt!”, brüllte Cendrasch seinen Männern zu, denn er begriff was das zu bedeuten hatte. Im Schutze des entstandenen Durcheinander, hatte sich der Werwolf ihnen genähert und war nun seinerseits im Begriff anzugreifen. Jedenfalls, so dachte der Junker hektisch bei sich, hätte er es so gemacht. War das Biest auch für das Rudel verantwortlich, hatte er sie gar ‘geschickt’?
Jedwede Überlegung wurde aus Cendrasch Geist verdrängt, als er des riesigen Biestes ansichtig wurde. Mitlerweile lagen sieben oder acht tote Wölfe um die Gefährten herum. Gorm hatte einen Biss in den Unterschenkel hinnehmen müssen, einer der Wachen, ein untersetzter Angroscho Namens Fobosch, war am Unterarm erwischt worden. Beiden aber kam zu gute, dass sie mit Kette gerüstet waren. Die Zähle der Wölfe kamen zwar durch die einzelnen Glieder, doch verhinderte das Geflecht, dass sie weit eindringen konnten und so würde es in beiden Fällen nicht über kleinere Fleischwunden hinausgehen. “Fobosch, Axis”, so hieß die andere der Wachen, “ihr haltet uns die Wölfe vom Leib. Gorm, Groth- ihr geht ihn von den Seiten an”, befahl Cendrasch.
Auf allen Vieren, mit weit ausladenden Sätzen rannte das Vieh auf sie zu. Es gab kein weiteres Taktieren, er war verflucht schnell und nur wenige Lidschläge später bereits heran. Mit einem mächtigen, weiten Satz sprag der Werwolf auf Cendrasch zu. Zwar hatte dieser einen niedrigen Schwerpunkt und war auch kein Leichtgewicht, die Bestie aber war ihm körperlich einfach weit überlegen.
Keine Taktik hielt dem ersten Feindkontakt stand.
Mit den krallenbewährten Händen im Vorhalt prallte der Werwolf auf den Junker und riss dabei den Gambeson über seiner Kettenrüstung in Fetzen. Der Aufschlag indes ließ Cendrasch nach hinten stürzen, selbst der Ausfallschritt, den er instinktiv eingenommen hatte, bewahrte ihn nicht davor. Hart schlug er auf den Boden. Das Vieh war über ihm. Sterne tanzten vor Cendraschs Augen, er war einen Moment lang benommen. Dennoch roch er den fauligen Atem des Werwolfs. Geifer tropftre auf sein Gesicht.
Unterdessen waren Gorm und Groth nicht untätig. Mit weit ausladenden Schlägen ihrer Felsspalter hieben sie dem Biest in Rücken und Schulterblatt. Tief gruben sich die Axtblätter in das Fleisch der weit mehr als zwei Schritt großen, unheiligen Kreatur und ließen sie schmerzerfüllt aufheulen. Der Werwolf aber ließ sich von den Treffern nur kurz beeindrucken. Sein Oberkkörper erhob sich ruckartig und einer der für seinen Körper viel zu langen Arme hieb durch die Luft und traf Gorm. Dieser taumelte zurück. Sein Kettenhemd an der linken Schulter war durch die Krallen des Werwolfs aufgerissen und gab die Sicht frei auf eine grässlich anzusehende Wunde. Groth schrieh vor Wut auf, als er sah, dass sein Zwillingsbruder auf diese Weise verletzt worden war und drang mit einem weiteren Hieb der Axt auf die Kreatur ein. Cendrasch indes, der unterhalb des Werwolfs immer noch auf dem Rücken lag und wohl nur noch am Leben war, weil seine treuen Gefährten die Aufmerksamkeit der Bestie auf sich gezogen hatte, hob den Hammer, den er immer noch krampfartig in Händen hielt hoch und hieb ihn mit aller Kraft in den ungeschützten Unterleib der Kreatur.
Ein ohrenbetäubender Schrei, der an seinem Ende in heiseres Krächzen überging folgte. Der Werwolf ging in die Knie, doch mit erschrecken musste Cendrasch mit ansehen, dass sich die Wunde bereits wieder zu schließen begann. Jedoch nicht schnell genug. Die Zeit, die die unheilige Kreatur brauchte, um ihre Kräfte zu sammeln reichte Groth. Das doppelte Axtblatt des Felsspalters zog in einer gleichmäßigen Kreisbewegung sirrend durch die Luft und trennte den Kopf der Bestie mit einem Schmatzen von dessen Rumpf. Augenblicklich verließen den Werwolf die unnatürlichen Lebensgeister, alle Körperspannung erlosch und er fiel vornüber. Cendrasch konnte sich gerade noch rechtzeitig, immer noch auf dem Boden liegend, zur Seite werfen, sonst wäre der kopflose Korpus auf ihn gefallen. Der Kopf der Kreatur kam nur wenige Handbreit von ihm entfernt im Gras zum liegen. Die Augen waren weit geöffnet. Mit dem Tod des Werwolfs erstarb auch die Angriffslust des Rudels, was Cendrasch im nachhinein in der Annahme bestärkte, dass er es gewesen war, der die Tiere auf sie gehetzt hatte.
Außer Gorm, für den der eiligst angetretene Rückweg nach Waidbruch zu einer wahren Tortur werden sollte, aufgrund seiner Verletzung, waren sie glimpflich davongekommen. Fleischwunden, kleinere Quetschungen, da wo die Fänge der Wölfe die Gliedmaßen erwischt hatten, mehr gab es nicht zu beklagen. Selbst Hammer und Amboß kamen zu ihnen zurück, als sie gerufen wurden. Der Junker musste sich trotz dieser Tatsachen jedoch eingestehen, dass der Kampf auch anders hätte ausgehen können. Sie hatten Glück gehabt, mehr nicht. Der Schädel des Werwolfs aber sollte von da an über dem Tor des Wehrdorfes hängen, um allen Fremden die Entschlossenheit der Einwohner, sich in Tobrien zu behaupten, zu verdeutlichen.