ET06 Die Spur des Jägers

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Briefspiel
Die Spur des Jägers
Region: Ysilien
Ort: Junkertum Eisentann
Zeitraum: 1043 BF
Beteiligt: Cendrasch Sohn des Chrysoprax
Kapitel:


Es war mitten in der Nacht, da ein Alarmhorn erscholl. Ohne Zweifel stammte der Ruf aus Mortar Oktasch, den der Ton kam aus den Wäldern Eisentanns, die im Firun des Wehrdorfs Waidbruch lagen. Außerdem war der tiefe Ton unverkennbar. Cendrasch war sofort hellwach und aus dem Bett. Er stürmte nur in leichtem Hemd und Hose aus seinem Zimmer, den dunklen Flur entlang, hinaus vor den massiven Steinbau, den er seit kurzer Zeit sein Zuhause nannte. Nebelverhangen lagen die Felder um Waidbruch friedlich dar. Tief und dicht hing der weiße Bausch über dem Boden und wurde von einem nahezu vollen Mond beschienen, als Cendrasch zum Wachturm rannte, der auf dem Hügel der Hochmotte, gleich neben dem Sitz des Junkers, dem Herrenhaus lag. Eine Fackel brannte unter der überdachten Wachplattform. Cendrasch konnte den flackernden Schein deutlich unter einigen der dunklen Schieferschindeln erkennen. Mit schnellem Schritt überwand er die wenigen Schritt bis zur massiven Holztür zum inneren des Turms, riss sie auf und stürmte hinauf. Außer Atem erreichte der stattliche Angroscho nur wenig später die Wachplattform, auf der zwei gerüstete Brüder aufgeregt diskutierten und in die Ferne deuteten, zum Waldrand. An mehreren Stellen auf dem Wehrgang des Dorfes wurden nacheinander Fackeln entzündet. Die Wachen waren alramiert und bezoge mit Armbrüsten Stellung, wie Cendrasch nicht ganz unzufrieden feststellte. Nachdem seine Männer ihn bemerkt und Meldung gemacht hatten, fühlte sich der Junker in seiner Befürchtung bestätigt. Es war das Signalhorn Mortar Oktasch, der Bergwacht in den Wäldern Eisentanns und der einmalige Ton deutete unmissverständlich auf eine Bedrohung hin. "Erwidert das Signal. Sie sollen wissen, dass wir ihren Ruf vernommen haben", befahl Cendrasch, als er sich bereits wieder der Treppe hinab zugewandt hatte. Nur eine viertel Kerze später brach der einstige Hauptmann der Fürstlichen Hellebardiere mit sechs Waffenbrüdern und seinen Bluthunden in den Wald auf.

~*~

Es war ein kräftezehrender Gewaltmarsch gewesen, den die Gruppe Zwerge absolviert hatten, als sie im Morgengrauen die Ausläufer von Mortar Oktasch erreichten. Immer noch hingen Nebelfetzen am Boden, zumindest dort, wo der Wald lichte Stellen besaß. Die erst kürzlich ausgerufene Bergwacht lag vermeintlich friedlich dar. Bei den Baracken am Rand des großen Kraters, um die sie sich räumlich erstreckte, war aus der Ferne keine Bewegung auszumachen. Doch der Frieden trügte, denn die Bluthunde wurden nervös, knurrten und schlugen mehrfach an. Im Näherkommen erkannten Cendrasch und seine Männer die leblosen Körper am Boden. Sie besaßen gräßliche Wunden, ja sogar abgerissene Gliedmaßen, waren nicht getötet sondern gerissen worden, wie ein alter Hirsch von einer Meute ausgehungerter Wölfe. Alarmiert stellten sich die Zwerge Rücken an Rücken, ließen die Hunde von der Leine, die die gewonnene Freiheit sogleich ausnutzten, um den Geruch, der an den Leichen haftete aufzunehmen. Der jedoch schien sie noch nervöser zu machen. Die Angroschim aber packten Äxte und Hämmer fest mit beiden Händen und nutzten das fahle Mondlicht, welches für ihre, an die Dunkelheit unter Tage gewöhnten Augen ausreichte, und bewegten sich langsam in Richtung Krater. Die Baracken waren leer, kein Licht brannte dort trotz des Kampfes, der getobt haben musste und so stand für Cendrasch fest, dass die hier lebenden Zwerge von Mortar Oktasch sich in die Minen zurückgezogen haben mussten.

Der Hang war nach kurzer Zeit erreicht. Holzbohlen und dünne Tannenstämme, die im Erdreich befestigt waren, bildeten eine Treppe abwärts in den Krater, dessen Tiefpunkt mehrere Dutzend Schritt unter ihnen im Dunkeln lag. Tannenbewuchs an den Seiten der Hänge versperrten einen Großteil der Sicht, auch wenn schon viel gerodet worden war, um besser arbeiten zu können, aber auch um das gewonnene Holz zu nutzen. Langsam und sich dabei gegenseitig nach allen Seiten Deckung gebend, schritten die Zwerge den Knüppelweg hinab, den Tunneleingängen entgegen, die auf halbem Weg begannen sich in die Seitenwände des Kraters zu erstrecken. Hier hatten die Zwerge der Wacht begonnen sich sichere Behausungen anzulegen, doch waren diese noch nicht fertiggestellt, so dass sie noch mit den Baracken vorlieb nehmen mussten. Da, eine weitere Leiche, diesmal mit einer Armbrust neben dem leblosen Körper schälte sich aus der Dunkelheit. Auch er war grausam Zugerichtet. Deutlich erkannte man an einem der Oberschenkel das Gebiss einer riesigen Bestie und Cendrasch sah sich sich nun entgültig in seiner Annahme bestätigt: "ein Werwolf." Es musste eine jener Kreaturen sein, halb Mensch, halb Wolf, die dem dunklen Herzog von Schwarztobrien folgten, der selbst einer von ihnen seien sollte. Wenige Schritt nach dem Toten öffnete sich ein dunkler Schlund seitlich des Weges. Er war kaum eineinhalb Schritt im Durchmesser und musste einer der Tunnel sein. Plötzlich fingen die Bluthunde an zu knurren und die Zähne zu fletschen. Weiter wollten sie aber offenbar nicht mehr. Beide blieben stehen und tänzelten an einer imaginäre Linie hin und her. Das was sie so erregte, musste sich im Tunnel befinden, denn sie weigerten sich weiter in diese Richtung zu gehen. Gerade als Cendrasch an der Spitze seiner Mannen den Tunneleingang erreichte und einen Blick hineinwarf erklang ein tiefes Knurren aus der Dunkelheit, die die Augen des Zwergen nicht ganz zu durchdringen vermochte. Das gutturale Geräusch war derart tief und bedrohlich, dass sich allen Zwergen unweigerlich die Nackenhaare aufstellten. Was auch immer das Knurren von sich gegeben hatte musste einen mächtigen Brustkorb besitzen. Dann, gerade als als sie den Knüppelweg verlassen hatten, um das kurze Stück quer zum Tunneleingang zurückzulegen, schoss ein riesiger Schatten fast lautlos aus der Öffnung und rannte mit gewaltigen Sätzen auf allen Vieren den Hang hinauf. Die Hunde wurden schier wahnsinnig bei dem Anblick dessen, was Cendrasch als Wolfsmenschen ausmachte und rannten in entgegengesetzte Richtung davon. Sie wären keine Hilfe bei einer Konfrontation, auf die es das Biest in diesem Moment aber anscheinend nicht abgesehen hatte, was daran liegen konnte, dass mehrere gefiederte Bolzen in seinem Pelz steckten und weitere aus dem Tunnel flogen. Offenbar hatten die Angroschim der Bergwacht einen Gegenangriff organisieren können und den Werwolf, der den Geschossen im unterirdischen Gang kaum auszuweichen vermochte, damit auf dem falschen Fuss… oder besser Pfote erwischt. Der große Schatten indes war so rasch in der Dunkelheit verschwunden, wie er überraschend aus dem Tunnel gerannt gekommen war. An eine Verfolgung war nicht zu denken. So schnell wie das Biest mit seinen Klauen konnte sie den Krater nicht hinauf, auf wenn die den Knüppelweg benutzten, dazu war er auch ohne diese Erschwernis bedeutend schneller als sie. Nein, das würde nichts bringen, also machten sich die Zwerge draussen bemerkbar und riefen die anderen im Tunnel an, dass der Angreifer verschwunden sei. Es dauerte einen Moment, aber dann kamen nacheinander drei Angroschim mit Eisenwalder Armbrüsten im Vorhalt aus dem Tunnel. Sie berichteten dem Junker war vorgefallen war. Nahes Wolfsgeheul habe sie in der Nacht hochgeschreckt. Da es nicht abreißen wollte und schien unmittelbar aus der Umgebung der Baracken zu kommen hätte man nachsehen wollen. Das Biest aber hatte sofort Witterung aufgenommen und war wie eine Furie unter sie gefahren. Die Toten hatten keine Chance. Mit viel Glück hatten die anderen in den Krater und dann weiter in den Tunnel flüchten können, den man mit einem schweren Holzschott abriegeln konnte. Doch der Werwolf ist ihnen bis dorthin gefolgt und begann mit seinen Krallen das Holz Stück für Stück zu zerhauen. Durch die langsam entstehenden Spalte hatten sie ihn dann mit Bolzen gespickt und wenn ihn dies offenbar auch nicht töten konnte, so tat es ihm offenbar doch weh, sonst wäre er nicht geflohen. Oder aber er hatte den Entsatz ebenfalls getwittert und war klug genug einer Einkesselung von zwei Seiten zu entziehen. Das war die Geschichte. Sie würden die Toten bergen, damit sie später würdig dem Feuer übergeben werden könnten. Danach mussten sie versuchen Hammer und Amboss, die Bluthunde wieder einzufangen. Cendrasch hoffte, dass sie sich inzwischen beruhigt hatten. Dann würde die Jagd beginnen. Der Werwolf durfte nicht noch mehr Opfer fordern, er musste erlegt werden.