ET04 Braumeister gesucht 1

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Briefspiel
Braumeister gesucht, Teil 1
Region: Ysilien
Ort: Junkertum Eisentann
Zeitraum: 1043 BF
Beteiligt: Cendrasch Sohn des Chrysoprax
Kapitel:

Anfang Praios 1043 BF, Baronie Quellensprung

„Herr Junker -äh- Vogt -äh- Wohl… Hochgeb... -äh-...“ Der angesprochene machte dem Gestammel mit einer wischenden Handbewegung ein Ende. „Für dich immer noch Kendrick, mein alter Freund.“ Junker Kendrick von Hagensmoor konnte sich selbst noch nicht so ganz zurechtfinden in seiner Rolle als Vogt von Quellensprung. Und gerade hier im Dun Buck wollte er das auch nicht. Der Wirt, Momme Pottenbruck, war einer der wenigen, die die Zeit der Besatzung irgendwie überlebt hatten und Momme hatte sogar sein Erbe, die Wirtschaft samt dazugehöriger Brauerei hier in Zibbenwinkel halten können. Der Dun Buck war berühmt für das hier gebraute Starkbier und irgendwie war das auch der Grund für seinen Besuch. Vor einigen Wochen war der alte Braumeister, Feike Bernestein, gestorben. Kendrick war hier um zu kondolieren. Er setzte sich an einen freien Tisch und es dauerte nicht lange da setzte sich Momme zu ihm. “Es tut mir leid um Feike. Der alte Mann war ein Meister seines Faches. Lass uns auf ihn anstoßen.” Mommes Frau kam auch schon mit zwei gut gefüllten Humpen an den Tisch. Kendrick griff danach doch bevor er den Krug zum Gruße an den verstorbenen heben konnte legt sich Mommes Arm auf den seinen. Momme blickte fragend zu seiner Frau, die nur kurz mit den Schultern zuckte. “Warte.” Der Wirt nippte kurz an seinem Krug und verzog das Gesicht. “Bei allen Göttern. Das war wieder nichts.” Er spuckte das Bräu zurück in den Krug. “Was war das denn?” Kendrick probierte ebenfalls. “Puh - was ist denn bei euch los? Das ist doch nicht euer berühmtes Tribuck?” “Da siehst du’s. Auch dem Herrn Vogt, also Kendrick, schmeckt es nicht.” Zu Kendrick gewandt fuhr er fort. “Feike fehlt uns an allen Ecken und Enden. Seine Kinder versuchen die Brauerei fortzuführen aber irgendwie scheitern sie an unserem besten Bräu. Dem dreifachen Starkbier. Wenn das die aus Donnwald herausbekommen, dann kann ich schon die Spottgesänge hören. Die mit ihrem Donnerschlag bekommen dann Oberwasser. Und das wo in den nächsten Monden so viele Feste anstehen.” Kendrick nickte nur. Die beiden Orte Donnwald und Zibbenwinkel lagen schon seit Generationen im ständigen Zwist wer in der Baronie wohl das beste Bier braute. Und das Starkbier beider Dörfer war sozusagen die Meisterklasse. Die nächsten Götternamen würden mit einigen Festen in der Baronie aufwarten. Da wäre ein Gebräu wie dieses hier eine Blamage. “Was ist passiert? hat Feike das Rezept etwa mit ins Grab genommen?” Verzweifeltes Kopfschütteln war die Antwort. “Keine Ahnung aber die beiden bekommen es einfach nicht hin. Sie machen alles so wie der Alte es niedergeschrieben hatte bevor er über das Nirgendmeer zog. Doch etwas stimmt nicht. Ich befürchte wir werden nun für immer unter dem Spott der Donnwalder leiden müssen.” “Verzeiht, wenn ich mich einmische.” Ein junger Mann von etwa 25 Götterläufen rückte seinen Stuhl an den Tisch. “Ich wollte euer Gespräch nicht belauschen aber ich kam nicht umhin und…” Er hob seinen Krug. “...das hier ist wirklich ungenießbar.” Beklommenes Schweigen war die Antwort. “Mein Name ist Ladron Mondmatt und ich bin, wenn man so will, Reisender. Mich dünkt ihr braucht Hilfe und ich wüsste wo ihr welche bekommt.” Wirt und Vogt sahen erst sich an und dann mit neugierigen Blicken zu dem jungen Mann. “Dann sprich. Wenn du einen Rat weißt, dann soll es dein Schaden nicht sein. Es geht hier um die Ehre meiner Wirtschaft, der Brauerei, des ganzen Dorfes. Das soll mir etwas wert sein.” Momme winkte seiner Frau, die sogleich mit einem verkorkten Tonkrug herankam. “Das hier ist noch alter Bierbrannt. Von Feike persönlich. Das sollte deine Zunge lösen.” Der Wirt grinste und schenkte großzügig ein. Ohne zu zögern griff Ladron zu dem kleinen Stamperl und kippte ihn die Kehle hinunter. “Oh…” Tränen schossen ihm in die Augen. “Ja. Das ist was echtes.” Die Stimme war in diesem Moment mehr ein Flüstern. “Seht zu, dass das die Thorwaler nicht mitbekommen. Meiner treu!” Ein paar Augenblicke später hatte Ladron die Sprache wiedergefunden. “Ich war neulich in der Baronie Speckfelden. Auf dem anderen Ufer der Tobimora gibt es einen Junker. In Eisentann um genau zu sein. Er ist ein Angroschim und soweit ich es vernommen habe hat er gute Kontakte in den Kosch. Und sonstwohin. Jedenfalls, wäre ich an eurer Stelle, würde ich mich einmal nach einem neuen Braumeister umschauen.” Und mit einem Blick auf die drei nicht angerührten Bierkrüge fügte er hinzu. “Schaden kann es jedenfalls nicht. Kann ich noch so einen Brannt haben? Du weißt ja: Auf einem Bein…” Am nächsten Tag wachte Kendrick von Hagensmoor auf als ein Sonnenstrahl durch das Fenster drang und ihm mit voller Wucht auf die Stirn hämmerte. Der Abend war, soweit er sich erinnern konnte, noch lang geworden. Die drei Männer hatten den kompletten Krug Bierbrannt verköstigt und dabei Pläne geschmiedet. Momme war hier unabkömmlich. Er wollte zusammen mit Feikes Sohn Haimo weiter versuchen das Tribuck so hinzubekommen wie man es hier an der Küste gewohnt war. Nach dem sechsten oder siebten Brannt, oder was auch immer, hatte sich Kendrick auf die Brust geschlagen und verkündet, dass es sich hier um das Wohl und Wehe eines seiner Lehensleute handelte und es seine Pflicht als Vogt war sich hierum höchstpersönlich zu kümmern. Zugegebenermaßen hatte er allerdings keinerlei Ahnung vom Bierbrauen und nur durch das Verkosten würde ein würdiger Braumeister kaum gefunden. Kurzum entschieden die Männer, dass Imke, Feikes Tochter, den Vogt auf der Reise nach Eisentann begleiten würde. Die junge Frau hatte viel von ihrem Vater gelernt und wäre auch sicherlich diplomatischer im Umgang mit fremden Braumeistern als der Sohn. Ladron, auf dessen Geheiß sie nach Eisentann aufbrachen, hatte es sich nicht nehmen lassen, sie auf der Reise zu begleiten. Kendrick bereute, dass er auf eine unverzügliche Abreise gedrungen hatte. Jeder Schritt seines Pferdes ließ ihn an Ambosse und Hämmer denken. Nun ja. Ein passendes Bild, wenn man bedachte, dass sie sich aufmachten, um einen Zwerg zu besuchen. Wenn das Hämmern nur ein klein wenig nachlassen würde bis sie in Eisentann eintrafen.

Der Mond des Götterfürsten machte die Reise zumindest angenehm was die bloßen Rahmenbedingungen betraf, Regen oder gar Unwetter mussten die drei Reisenden nicht ertragen. Praios Antlitz schien fast fortwährend, nur hier und da zogen einzelne Wolken träge am Himmel vorbei. Nichtsdestotrotz taten ihnen am Ende der drei nahezu ereignislosen Tage der Hosenboden furchtbar weh, daran konnte auch das gute Wettern nichts ändern. Etwa einhundert Meilen hatten sie zurückgelegt, als am Nachmittag endlich eine Siedlung am Waldrand in Sichtweite kam. Das Dorf sah genau so aus, wie die Bauern es ihnen beschrieben hatten, denen sie unterwegs begegnet waren. Ja, dies musste Waidbruch sein, die Hochmotte im Zentrum des sehr wehrhaft wirkenden Siedlung ließ kaum Zweifel zu. Schon von Weitem war der aufgeschüttete Hügel mit dem sich darauf befindlichen Steinbau und angebautem Wehrturm zu erkennen. Im Näherkommen stellten die Reisenden fest, dass das gesamte Dorf von einem Palisadenzaun umgeben war, vor dem sich ein Graben befand. Der zwergische Vogt war anscheinend auf Sicherheit bedacht. Dafür sprach auch, dass der Zugang ins Innere Waidbruchs nur über eine Zugbrücke möglich war, an die sich ein schweres Holztor anschloss. Vor dem Tor stand zweifellos ein Zwerg und hielt Wache. Selbst bereits aus der Ferne war zu erkennen, dass jene kleine, gedrungene Person kein Mensch sein konnte. Das Kettenhemd, was dann kurz darauf deutlich auszumachen war, der langstielige Hammer, der zu seinen Füßen ruhte und letztlich der lange Bart, der der Torwache bis zur Gürtelschließe reichte, zerstreuten auch die letzten Zweifel. “Willkommen in Waidbruch Fremde”, begrüßte der Angroscho die Gruppe zu Pferd, als sie nah genug heran waren. Wohlweislich hatte er sich ihnen zu diesem Zeitpunkt demonstrativ in den Weg gestellt und sich dabei den Schweren Hammer über die Schulter gelegt. “Was ist euer Begehr?” Sein Akzent war grausig, kehlig und Fremd für die Tobrier.

“Wir sind Reisende aus Quellensprung, auch Horn von Mendena genannt. Ich bin Vogt der Baronie. Kendrick von Hagensmoor ist der Name. Und dies sind meine Begleiter Imke Bernestein und Ladron Mondmatt.” Kendrick deutete nach links und rechts. “Wir hörten, dass man hier gute Kontakte knüpfen kann, so man auf der Suche nach einem guten Handwerker ist. In unserem Fall geht es um einen Braumeister für Bier. Sagt guter Mann, kann uns hier geholfen werden?”

Zunächst schaute der Zwerg die drei Menschen nur verdutzt an, doch dann nickte er. Scheinbar hatte er begriffen. "Ihr wollt zu Meister Cendrasch." Es war mehr eine Feststellung denn eine Frage. "Gut, willkommen in Eisentann." Der Gardist trat auf seine und wies mit einer Hand auf das offenstehende Tor. "Wendet euch dem Zentrum zu und sagt am inneren Tor, dass ihr Handwerker anheuern wollt, dann wird man euch zum Junker bringen", gab er ihnen noch als Rat mit auf den Weg.

Dem Wehrdorf, dessen sie im Folgenden ansichtig wurden, konnte man ansehen, dass es schwere Zeiten durchlebt hatte und sich noch im Wiederaufbau befand. Die Substanz der meisten Häuser aber schien solide zu sein und das Kopfsteinpflaster war bereits erfolgreich instandgesetzt worden. Der Hügel in der Mitte der Ortschaft ragte bald zwischen den Häusern empor. Gut und gern zehn Schritt erhob er sich an seiner Spitze über das Niveau des restlichen Dorfes. Umgeben von einem Graben und einem hohen Palisadenzaun wirkte das sich auf der Spitze befindliche Herrenhaus recht wehrhaft. Hinauf führte nur eine Art Brücke, die auf dicken Pfählen stand und über einen Teil verfügte, der nicht fest angebracht war, so dass er im Angriffsfall eingezogen werden konnte.

Der Wächter am inneren Tor, ebenfalls ein gerüsteter Angroscho, pfiff laut unter zuhilfenahme zweier Finger und bat die Reisenden zu warten. Dies mussten sie indes nicht lange, denn schon nach kurzer Zeit sahen sie einen weiteren Zwergen die Brücke zu ihnen herabkommen. Der Angroscho unterschied sich von den Gardisten dadurch, dass er weder Rüstzeug noch Waffe trug, sah man von dem Drachenzahn an seinem breiten Gürtel ab. Gekleidet in eine Wildlederhose, feste, dunkle Schnürstiefel und eine speckige Lederweste, die einiges von seiner breiten Brust erkennen ließ, machte er den Eindruck als wäre er ein Handwerker. Der Gardist jedoch meinte schlicht: “Meister Cendrasch, diese Reisenden möchte bei euch Handwerker anwerben”, was darauf schließen ließ, dass sie vor dem Junker standen. Der Zwerg besaß felsgraue Augen und silbern glänzendes Haar, dass er adrett zum Seitenscheitel trug. Besonders war in seinem Fall nicht der penibel geflochtene Bart, der ihm bis über die Gürtelschließe reichte, sondern sein Schnauzer, der fast wie ein Korkenzieher anmutete und noch über seine eckigen Gesichtszüge hinausragte.

“Werte Gäste”, sprach der Junker nun die Besucher an und sogleich erkannten diese den weitaus weniger derben Akzent des Zwergen. “Kommt mit hinauf. In meinem Arbeitszimmer können wir weit besser sprechen.” Und so hielt man es. Gemeinsam trat man den Weg hinauf an, über die schmale Brücke, die über Graben, Palisadenwall und das ebenfalls darunterliegende Feld von angespitzten Pfählen, die einen Absturz ungesund würden enden lassen. Der Sitz des Junkers war ein stattliches, zweistöckiges Haus aus dicken Steinmauern und passte irgendwie zu dem Zwerg. An dem Gebäude saß ein Wachturm, der ebenfalls aus Steinen gefügt war und einen hervorragenden Blick über die umgebende Landschaft ermöglichen musste. Nachdem man die schwere Holztür ins Innere hinter sich gebracht hatte, ging es über einen dunklen Flur, der irgendwie ein wenig muffig roch, zu einer weiter im Haus gelegenen, einfachen Tür, die in eine Stube führte. Wände und Decke waren vertäfelt, der grob aus Stein gefügte Boden mit abgewetzten Teppichen ausgelegt. Ein schwerer, runder Holztisch und einige Lehnstühle stand in der Mitte des Raumes, ein aufklappbarer Sekretär an der Wand, indem sich die Tür befand. Durch zwei schießschartenartige Fensteröffnungen in der steinernen Außenwand viel ein wenig Licht ins Innere. Einen aufgemauerten Kamin gab es auch, dieser war jedoch nicht angefeuert. “Bitte setzt euch”, sprach der Junker einladend und wies auf den Tisch. Er selbst ging zum Sekretär, öffnete die Flügeltüren und trat dann mit vier kleinen, irdenen Gläschen, sowie einem Fläschchen aus rötlich schimmerndem Metall zu seinen Gästen, um sich zu setzen. “Also, dass ich der neue Junker von Eisentann bin wisst ihr ja nun inzwischen. Mein Name ist Cendrasch. Ich bin der Sohn des Chrysoprax. Mit wem habe ich die Ehre?”

Kendrick wiederholte die Vorstellung seiner Begleiter und von sich selbst. “Nun denn, wir in Quellensprung können uns gewisslich nicht mit den Braumeistern des Kosch messen, doch unser Bier aus der Strandgerste kann sich dennoch sehen und schmecken lassen. Zu gerne hätten wir euch eine Kostprobe mitgebracht. Aber genau hier liegt das Problem. Der Braumeister einer unserer Brauereien, wir haben genau zwei an der Zahl, ist jüngst verstorben und mit ihm scheint das Talent das berühmte Starkbier zu brauen auch verschwunden zu sein.” Bei dem Verweis auf das Talent atmete Feike scharf aus, was der Vogt mit einem kurzen aber scharfen Seitenblick würdigte. “Die junge Dame hier, Imke, tut ihr bestes um das Erbe ihres Vaters anzutreten, doch irgendein Detail scheint ihr dabei stets zu mißlingen. Dank meines anderen Begleiters, kamen wir dann auf die Idee es vielleicht einmal mit auswärtiger Hilfe zu versuchen. Und hier kommt ihr ins Spiel, werter Cendrasch. Aber zuförderst möchte ich ein kleines Gastgeschenk übergeben. Eine weitere Spezialität meiner Baronie. Brannt aus Äpfeln. Neben einem sehr ansehnlichen Wein, den wir Zider nennen, brennen wir aus der Maische diesen guten Tropfen.” Er überreichte eine Tonflasche, die wohl etwa ein halbes Maß beinhalten würde. “Und, nun ja, wir wären nun hier, um euch um Hilfe zu bitten. Ladron hier,” er deutete auf den jungen Mann neben sich “erwähnte, dass man hier Kontakte zu Handwerkern aller Art knüpfen könnte. Und die Hoffnung ist, dass wir so an einen Braumeister geraten, der uns aus unserer Misere heraushelfen könnte.” Der Angroscho verzog keine Miene während Kendrick sein Anliegen vorbrachte. In die Pause, die nun eintrat, mischte sich dann Ladron ein. “Euer Wohlgeboren, wenn ich etwas dazu beitragen darf? Ihr mögt euch fragen was dann euer Anteil an diesem Geschäft wäre. Nun, ich könnte mir vorstellen, dass man hier die Grundlage eines weiteren Austauschs zwischen den beiden Baronien legen könnte. Die Zeiten sind hart. Für uns alle. Die Landstriche haben lange unter der Besatzung gelitten, viele Menschen darben und jeder versucht nach seinen Möglichkeiten wieder auf die Beine zu kommen. Und neben einer gewisslich noch zu vereinbarenden Provision für die Vermittlung eines Braumeisters wären da ja noch andere, sagen wir, Opportunitäten, die es sich zu untersuchen lohnen könnte.”

Der Junker hob eine Braue, “Opportunitäten?” Der Zwerg lachte und begann damit die kleinen Gläschen großzügig zu füllen. Danach schob er die Behältnisse vorsichtig über die Tischplatte vor jeden seiner Gäste. “Erst einmal, ich bin kein... Wohlgeboren- ich bin der Sohn einer stolzen Kriegerin aus Tosch Mur und eines Geoden aus dem Amboßgebirge. Die Leute hier sagen schlicht Meister Cendrasch zu mir. Wenn ihr auf diese...”, er wedelte mit der Hand in der Luft, “Bauchpinseleien verzichten könnt, wäre ich dankbar. Es reicht mir vollkommen, dass ich mir zu den wenigen Gelegenheiten am Hofe diese Tituladingsmen merken muss.” Der Zwerg hob kurz beide Hände, wie als wolle er das Thema beenden. Dabei lächelte er gewinnend. “Danke für euer Gastgeschenk, jetzt aber trinken wir einen Beerenschnaps aus dem lieblichen Angbarer Tal und dann reden wir über das Geschäft. Baroschem!” Nachdem alle ihr Gläschen geleert hatten, einem sehr süssen, aber auch derb starkem Schnaps, nickte Cendrasch zufrieden. “Gut, zunächst muss ich wissen, wieviel ihr von der Braukunst meiner Rasse und den Vorlieben der ihrer Völker wisst, das könnte wichtig sein. Kennt ihr den Unterschied zwischen den Gorschafortbrumborim- die die Bingen ihrer Vorväter verlassen haben, um unter freiem Himmel zu leben, den Groscha-roroxim-angrasch- dem größten unserer Völker, die in den Ingrakuppen, den Eisenbergen, den Phecanowald und im Koschmassiv leben und meinem Volk, den Mortarim?”

Kendrick konnte sich ein verschmitztes Lächeln nicht verkneifen als er sah wie Ladrons Gesichtsfarbe von einem gesunden braun in einen leichten Rotton wechselte. Der junge Mann hatte sein Gegenüber ganz offensichtlich falsch eingeschätzt. Nun gut, denn vielleicht wäre sonst Kendrick in die gleiche Falle getappt. “Ich muss gestehen, dass wir nur sehr wenig über die Geschichte eures Volkes wissen. Und wahrscheinlich auch ebenso wenig über die Braukunst. Auch wenn jeder von uns bestimmt schon einmal in den Genuß eines Zwergenbräus gekommen sein dürfte. Selbstverständlich wäre es uns eine Freude mehr zu erfahren. Wissen schadet ja schließlich nicht. Doch um eines klarzustellen: Wir suchen einen Braumeister, der uns hilft das typische örtliche Bier zu brauen. Wenn die zwergische Braukunst hierbei noch eine Verbesserung bringt, dann ist uns das natürlich sehr willkommen.” Nach einer kurzen Pause fügte er noch hinzu: “Ich sage das nur damit wir uns nicht falsch verstehen. Wir suchen einen Braumeister, der offen für Neues ist. Ich denke du weißt was ich meine. Ein Sturkopf, der Bier nur nach seiner eigenen Art braut, wäre die falsche Wahl.” Mit einem kleinen Schwung beförderte er dann sein Gläschen über den Tisch direkt vor den Zwerg, der dann auch nicht zögerte und es voll bis zum Rand nachgefüllt auf die gleiche Weise zurück zu Kendrick schickte. “Ganz mein Geschmack!” Wobei Kendrick offen ließ ob er damit den Schnaps oder den bisherigen Gesprächsverlauf meinte.

Der Junker nickte ein wenig nachsinnend und füllte die Gläschen von neuem auf. Dann, nachdem er sie erneut verteilt hatte, war er sich offenbar einig, was die Herrschaften vor ihm benötigten. “Da ihr es so klar herausstellt, kann ich euch guten Gewissens nur einen Gorschafortbrumborim empfehlen, einen jener Angroschim, die die Berge verlassen haben und in Hügelhäusern leben. Ihre Siedlungen findet man vor allem am Angbarer See.” Kurz lachte Cendrasch auf. “Ein Vertreter der Groscha-roroxim-angrasch würdet ihr als stur bezeichnen und das ist zumeist untertrieben. Ich nenne sie gerne ‘Granitköpfe’. Außerdem ist ihr Bier zumeist… gewöhnungsbedürftig.” Der Junker beugte sich leicht über den Tisch vor und schaute verschwörerisch. “Ich bekomme heftigen Durchfall, wenn ich in Xorlosch oder Senalosch zu viel von diesem Gesöff trinke.” Erneut lachte Cendrasch, diesmal jedoch herzhaft und ausgelassen. “Zu den Gorschafortbrumborim muss ich jedoch anfügen, dass sie sehr friedliebend sind, gesellig und sehr… gefräßig. Und, ihr werdet nicht einen Angroschim bekommen, sondern mindestens die Familie.” Erneut stürzte der Zwerg den Inhalt des Gläschens hinunter und schaute seine Gäste auffordernd an. Während diese ihre Behältnisse zu den Lippen führten hatte Cendrasch eine weitere Klarstellung zu verkünden. “Ich seid heute Nacht meine Gäste. Die Flasche ist noch fast voll und ich würde es als eine Beleidigung ansehen, solltet ihr sie nicht mit mir leeren, gerade wo wir uns doch noch gar nicht über gewisse Details- meinen Gewinn bei dieser Vermittlung, sollte sie zustande kommen, unterhalten haben. Und da ihr Menschen so unheimlich… unhandlich seid, wenn ihr besoffen seid, müsst ihr wohl hierbleiben.”

Das Angebot wurde dankend angenommen. Und um der Wahrheit die Ehre zu geben, hatten die Besucher aus Quellensprung auch damit gerechnet. Denn um eine andere Unterkunft hatten sie sich noch nicht gekümmert. Der Abend verlief sehr entspannt. Ihr Gastgeber ließ sich nicht lumpen und es wurde reichlich aufgetischt. Einfache Kost, aber schmackhaft. Und natürlich gab es ausreichend flüssiges, um die feste Nahrung herunter zu spülen. Nachdem Kendrick klargestellt hatte, dass jede weitere Verhandlung auf den nächsten Tag verschoben werden müsse, widmeten sich alle dem Wildbret und Bier. Kendrick bestand auf sein Prinzip nach dem zweiten Krug nichts geschäftliches mehr besprechen zu wollen. Naturgemäß verursachte diese Aussage ein Stirnrunzeln bei Cendrasch, doch tat er diese Eigenheit seines Besuchs mit einem Schulterzucken ab. Morgen war ja auch noch ein Tag. Die Götter hatten vielleicht die Zeit erfunden, doch von Eile hatten sie seines Wissens nach nichts gesagt. Statt dessen erzählten Kendrick und Imke, die mehr und mehr auftaute, von Quellensprung. Und manchmal klang es dann doch schon fast wie ein Verkaufsgespräch, wenn sie über ihre Heimat schwärmten. Natürlich fiel die Begeisterung über die Küste und das Meer, das prägender Bestandteil des Lebens auf einer Halbinsel war, bei dem Zwerg auf wenig fruchtbaren Boden, doch half es Cendrasch bei der Entscheidung wen er später als erstes ansprechen würde, um einen Braumeister für Zibbenwinkel zu finden. Beim Frühstück dann einigten sich beide Parteien auf einen angemessenen Preis für die Vermittlung eines Braumeisters. Den Gedanken eine ganze Zwergenfamilie nach Quellensprung zu holen fand Kendrick zwar anfangs wenig erbaulich, doch Ladron konnte ihn davon überzeugen, dass ein einsamer Mann in der Fremde selten glücklich würde. Und da dürften auch Zwerge wohl keine Ausnahme machen. Ihr Gastgeber bat sich ein wenig Zeit aus, um ein paar Gespräche zu führen und Boten auszusenden, so dass ihnen der Rest des Tages zur freien Verfügung stand. Imke widmete sich der Erkundung der örtlichen Braukunst, während die beiden Männer die hiesigen Schmiede nach besonderen Klingen absuchten.

Als der Junker von Eisentann seine Gäste am frühen Abend erneut empfing, saß er wiederum in seinem Arbeitszimmer. Diesmal jedoch stand nur eine dampfende Kanne und irdene Gefäße auf dem Tisch. Es roch nach starkem Gewürztee. “Nun”, eröffnete Cendrasch das Gespräch, nachdem er die Gästen aus Quellensprung gebeten hatte Platz zu nehmen und diese seiner Bitte nachgekommen waren. “Ich habe einen Boten auf den Weg ins Fürstentum Kosch geschickt. Aber so wie sich der Weg gestaltet, die Entfernung und die Straßen, wird es einige Zeit dauern, bis ich Antwort erhalte, noch länger, bis ich von mir hört.” Der Junker erhob sich, um seinen Gästen einzuschenken. “Ich werde mir es nicht nehmen lassen euch persönlich aufzusuchen, um euch das Ergebnis meiner Bemühung zukommen zu lassen. Da ich noch nicht lange im Amt bin und bisher keine große Gelegenheit hatte Tobrien zu bereisen, werde ich die sich mir bietende Chance nutzen. Ehrlich gesagt habt ihr mich auch ein bisschen neugierig auf Quellensprung gemacht, ein wenig sogar auf das Meer.” Cendrasch zwinkerte. “Aber ich werde es mir nur aus der Ferne- aus sicherer Entfernung ansehen.”