ET21 BiE Erste Konsultationen

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Briefspiel
Erste Konsultationen
Region: Ysilien
Ort: Junkertum Eisentann
Zeitraum: 10.04.1044 BF
Beteiligt: Cendrasch Sohn des Chrysoprax, Sayalana Sindarian Sterntreu de Valoisé
Kapitel:


Cendrasch führte Sayalana ins Herrenhaus, dessen Eingang drei Stufen unterhalb des Bodenniveaus lag. Hinter der mit Eisenplatten beschlagenen, spanndicken Tür erwartete die Geweihte dämmriges Zwielicht und ein leicht muffiger Geruch. Vor ihnen lag ein langer Gang, dessen Ende im Dunkeln lag.
Der Junker steuerte sogleich den ersten, gemauerten Durchgang zur Linken an und trat hindurch. Was Sayalana erwartete, war eine geräumige Stube mit großem Kamin. Fein gezimmerte und verzierte Holzmöbel, sowohl für menschliche, wie auch für zwergische Größen und Bedürfnisse standen hier, ebenso wie eine kleine Anrichte und ein Schreibtisch. Im Kamin brannte ein heimeliges Feuer und auf den Fellen davor lagen zwei Bluthunde, die aufgeregt ihre Köpfe hoben, als der Besuch die Stube betrat.
“Platz”, bellte der Junker und die Hunde beruhigen sich etwas. Die Stellung ihrer Ohren verriet jedoch, dass sie zumindest neugierig waren.
“Das sind Hammer und Amboß. Sie sind gut erzogen.
Legt ab, setzt euch und wärmt euch auf. Ich lasse uns etwas zu essen machen.
Trinkt ihr einen heißen Brand mit mir?”, fragte Cendrasch.
Etwas mißtrauisch beäugte die Ex-Einbrecherin die Wachhunde. Alte Gewohnheiten starben langsam und mit Hunden hatte sie in ihrer Jugend schmerzhafte Erfahrungen gemacht. Nachdem diese beiden aber brav vor dem Kamin liegen blieben, entspannte sie sich und erwiderte: “Ich nehme gerne einen Brand und auch etwas zu essen.” Dann entledigte sich Saya ihres Mantels und nahm Platz.
Mit einem, “ich bin gleich wieder da”, enteilte der Angroscho aus der Stube und ließ die Geweihte allein mit den beiden Bluthunden. Diese jedoch schienen sich nicht für sie zu interessieren, oder zumindest nicht genug, um dafür den warmen Platz am Kamin zu verlassen.
“Gar nicht ungemütlich so eine Zwergenhöhle.” murmelte Saya in ihren nicht vorhandenen Bart und machte es sich auf einem der Stühle gemütlich. Sie streifte ihre Stiefel ab und hielt ihre Füße dem Feuer entgegen und seufzte zufrieden. “Lasst euch nicht einfallen, an meine Schuhen zu kauen!”, ermahnte sie die beiden Hunde, doch diese schienen bereits satt und zufrieden und blieben wo sie waren.

Wenig später, Sayalana hatte sich gerade etwas aufwärmen können, kam Cendrasch mit einem kleinen Holztablett und zwei sich darauf befindenden Bechern zurück. Der Junker hatte sich inzwischen des dicken Gambesons entledigt und trug nur noch ein weites Wollhemd über der Hose. Die schweren Stiefel waren Filzpantoffeln gewichen.
Er fand die Phexgeweihte auf einem der Lehnstühle sitzen, und mit zufriedenem Gesicht in die Flammen schauend. Nachdem er die Getränke auf seinem Schreibtisch abgestellt hatte, nahm der Zwerg seinen Reif vom Kopf und hängte ihn an eines der Geweihenden, von einem der hinter seinem Arbeitsplatz aufgehängten Jagdtrophäen. Wohlgemerkt an eines, an das er aufgrund seiner Größe heranreichte.
Danach ergriff Cendrasch die beiden großen, geschnitzten Holzbecher vom Tablett und reichte einen davon an Sayalana. Der Becher dampfte und verströmte einen starken Geruch nach Gewürzen, aber auch süßen Beeren. Die Konsistenz im Becher schien ihr dabei eher dickflüssig.
Mit einem: “Meine Dame”, erhob der Junker seinen Becher, er lehnte sich dabei bequem mit dem Gesäß an seinen Schreibtisch. “Selten bekommen wir hier draußen Besuch. Um so mehr erfreut es mich, dass es eine Dienerin des himmlischen Fuchses ist, die den langen und nicht ganz ungefährlichen Weg auf sich genommen hat. Ich bitte euch, bringt mich nicht in Verlegenheit und nennt mich einfach Cendrasch. Diesen Namen gaben mir meine Eltern und ich bin recht zufrieden damit. Baroschem.”
Mit diesen Worten tat der Junker einen Schluck aus seinem Becher und grinste dabei spitzbübisch.
Zunächst schnüffelte Sayalana an ihrem Getränk und beäugte es dezent mißtrauisch. Den Alkohol roch sie sofort selbst durch die tarnenden Gewürze hindurch. Was da alles drin war, konnte sie aber leider nicht benennen, dafür fehlte ihr das nötige Wissen. Mit den Beeren ging es ihr ähnlich, zumal diese nicht frisch waren, sondern eingelegt. Kurz ging ihr durch den Kopf, dass Zwerge einen wesentlich robusteren Magen als Menschen hatten und auch völlig ungenießbares Zeug essen konnten, aber sie verwarf diesen Gedanken sofort wieder, immerhin war Cendrasch nicht eben erst aus seinem heimatlichen Stollen gekrabbelt, sondern schon seit Jahren unter Menschen unterwegs. So lächelte sie über den Rand des Bechers hinweg. “Das riecht auf jeden Fall stark und süffig. Zum Wohl!”, und mutig nahm sie einen tiefen Schluck. `Jupp, da war eine Menge Schnaps drin.` ging es der Geweihten durch den Kopf während sich die Wärme in ihrem Magen ausbreitete. `Das trinkst du besser mit Verstand, auch wenn´s schmeckt.`
“So, und jetzt erzählt mir doch einmal, warum ihr hier seid, in dieser Konstellation und noch dazu mit dem hereinbrechenden Winter? Ein wenig neugierig bin ich schon, nicht minder aufgrund der Andeutung, dass Hochwürden von Darbelstein etwas mit eurem Besuch zu tun hat”, kam Cendrasch nun direkt zur Sache.
Sayalana setzte sich wieder bequem auf den Stuhl am Kamin und holte aus: “Also, Hochwürden Darbelstein hat mich natürlich nicht wirklich her geschickt. Er hat mir nur berichtet, dass ihr hier Erz abbaut und teilweise auch recht seltene Metalle findet. Er meinte, es würden noch etliche Lieferungen an seine Kirche gehen und die Wege seien in einem erbärmlichen Zustand, was diese Unterfangen nicht gerade fördert. Außerdem wäre es gut, wenn Eisentann allgemein mehr Aufmerksamkeit bekommen würde, so seine Worte. Straßen und Handel fallen in Phexens Zuständigkeit, so dachte ich mir, ich mach mir am besten selbst ein Bild. Die junge Händlerin, die ich mitgebracht habe, gehört zum Handelshaus Lowanger. Sie handeln hauptsächlich Wolle, Stoffe, Verbrauchsgüter aber viel wichtiger, sie haben Kontakte nach Mendena, Eslamsbrück und auch Warunk. Das dürfte für euch wesentlich interessanter sein als Perainefurten. Dass wir so spät im Jahr unterwegs sind, liegt daran, dass der Sommer einfach nicht lang genug ist, um alles zu erledigen.” Bei ihrem letzten Satz zuckte Saya etwas hilflos die Schultern. Arbeit, Anträge und Gesuche gab es wahrlich genug. Ohne Ignatzius' Bitte wäre sie wahrscheinlich die nächsten fünf Jahre nicht in Eisentann erschienen. Aber das musste Cendrasch ja nicht wissen. Der Junker hörte aufmerksam zu und nippte zweimal an seinem Brannt, während die Geweihte seine Frage beantwortete.
Nachdem sie geendet hatte ließ er zunächst eine Pause entstehen, schwieg, bevor er nach einigen Herzschlägen nachdenklich nickte und danach zu sprechen ansetze:
“Danke für die Offenheit. Es ist wie ihr ausgeführt habt. Die Züge, welche die Ingerimmkirche organisiert, kommen zu selten, um einen wirklichen Handel zu etablieren. Das Erz, welches in Mortar Oktasch abgebaut und verhüttet wird, sollte rasch an einen Ort, wo es weiterverarbeitet werden kann, dorthin wo es Schmieden gibt. Die Schätze des Allvaters, die wir hier ihm zu ehren bergen, sollten dazu dienen Weißtobrien zu verteidigen. Wenn ihr dazu beitragen könnt, ist nicht nur Eisentann gedient.
Auf der anderen Seite bergen die Wälder immer noch Untiere, die dem Schänder der Elemente anheimgefallen sind oder von ihm korrumpiert wurden.
Wir bewegen uns niemals alleine durch den Eisentann, denn zu viele, die es tun oder besser taten, werden nie mehr gesehen, oder nur Teile von ihnen werden wiedergefunden.
In diesem Zusammenhang will ich auf einen weiteren Punkt hinweisen, auch wenn ich nicht weiß, ob dies unter eure Belange fällt. Es gibt eine Gruppe um einige Diener Sumus, die im Wald leben und dort überleben. Sie haben sich der Aufgabe angenommen, die Wälder Speckfeldens zu säubern, aber sie kommen damit nur sehr langsam voran und sie konzentrieren sich vornehmlich auf den Wald und nur nachrangig auf seine Bewohner, die man ja suchen bzw. jagen müsste, wohingegen die verseuchten Orte, Bäume und Pflanzen im Normalfall ortsgebunden sind.
Ich habe einen Zuträger, der mir ab und an berichtet und über den ich mit ihnen kommunizieren kann. Ich bin mir sehr sicher, dass der Sumu-Kult- ich will ihn vereinfacht so nennen, erfreut über Hilfe wäre. Das heißt, wenn das Konzil mit ihnen zusammenarbeiten würde. Zweifelnd sah Cendrasch Sayalana an.
Sayalana nickte und lächelte. Sie kannte mehrere Druiden. Einige hatten zu Zeiten der Besatzung auch als Zuträger für die Wolfsfährte fungiert oder waren selbst Agenten gewesen. Aber dabei waren sie immer unabhängig und geheimnisvoll geblieben. So lang man nicht versuchte, sie zu missionieren, konnte man gut mit ihnen arbeiten.
“Ich habe in der Vergangenheit schon mit Diener der alten Kulte zusammengearbeitet und das Konzil hat grundsätzlich erst mal eine tolerante Haltung gegenüber diesem Volksglauben”, antwortete Saya vorsichtig neutral. “Ich mag jetzt auch eine Diskussion über das Zwölfgötteredikt lostreten”, winkte sie ab. “Am besten wird sein, wir unterhalten uns einfach und sehen was rauskommt.”
“Gut”, beschied der Angroscho daraufhin nickend. “Ich werde eine entsprechende Botschaft platzieren. Es kann aber ein paar Tage dauern, bis wir… Besuch bekommen”, sprach Cendrasch mit einem Zucken seiner Mundwinkel.
“Habt ihr einen Ansatz für das Gespräch, soll ich etwas bestimmtes in die Botschaft schreiben?”, fragte er abschließend.
“Sagt einfach, das Konzil möchte sich mit den hiesigen Sumudienern absprechen.” Wiederum nickte der Junker, dann tat er einen kräftigen Schluck aus seinem Becher.
Kaum hatte Cendrasch wieder abgesetzt, als es an der Tür zur guten Stube klopfte. Der Junker merkte auf und schritt zur Tür, um sie zu öffnen.
Als dies geschehen war, konnte Sayalana dahinter eine Zwergin erblicken, denn um eine solche musste es sich handeln. An Cendraschs breitem Rücken vorbei konnte die Geweihte von ihrem Platz am Kamin aus erkennen, dass die Angroschna ein paar Halbfinger kleiner war als der Junker, dabei aber aufgrund ihrer robusten und sehr weiblichen Statur kein Kind sein konnte. Feuerrotes, lockiges Haar, welches ihr bis über die Schultern herab fiel, rahmte ein Gesicht mit einer Vielzahl an lustigen Sommersprossen ein.
Die Angroschna überreichte dem Junker ein Tablett mit dampfenden Schüsseln, woraufhin Cendrasch sich bei ihr bedankte und sich wieder der Stube zuwandte. Sayalana erhaschte derweil noch einen Blick auf ein einfaches, aber gut gearbeitetes, grünes Wollkleid mit silbernen Borten und eine lederne Schürze. Sie ernteten ein freundliches, wenn auch schüchternes Lächeln von der Zwergin, bevor diese die Tür wieder von außen schloss.
Sayalana lächelte zurück, denn sie hatte die Zwergin offen und neugierig gemustert. Tatsächlich war sie bisher noch keiner begegnet.
“Ich hoffe ihr mögt Pilzeintopf”, fragte der Junker, als er das Tablett auf seinen Schreibtisch stellte “Pilze gehören bei meiner Rasse zu einem der Grundnahrungsmittel. Die Küche der Gorschafortbrumborim kennt derart viele Zubereitungsarten, bedeutend mehr als mein Volk, dass ich mich mit meinen 84 Götterläufen immer noch überraschen lassen kann, wenn die gute Rubinaxa in der Küche Wunder vollbringt.”
Behutsam reichte Cendrasch daraufhin seinem Gast eine der irdenen Schüsseln. Sie enthielten eine sämige Suppe, in der der kundige Betrachter diverse kleingeschnittene Pilzsorten erkannte. Enthalten war aber auch anderes Gemüse, wie Karotten und Bohnen. Und der Eintopf roch ungewöhnlich salzig.
“Sicher mag ich Pilze.” antwortete Saya und nickte dankend, als sie die Schüssel entgegen nahm. “Außer ich hab sie gesucht…” fügte sie unbestimmt hinzu. Sie kostete trotzdem vorsichtig erst einen kleinen Löffel, weniger aus Sorge wegen der Pilze als vielmehr um die Würzigkeit zu prüfen. Da die Schärfe aber nicht an maraskanisch heranreichte, was ihr Vater öfter gekocht hatte, langte sie danach kräftig zu. “Sagt Herr Junker, die Zwergendame, ist das eure Gemahlin?”, fragte Saya nachdem sie einige Löffel gegessen hatte den Junker. “Ich muss zugeben, ich bin noch nie einer Zwergin begegnet.” Der Junker machte einen Augenblick lang einen recht verdutzten Eindruck ob der Frage. Der bereits mit Eintopf beladene Löffel des Angroschso senkte sich wieder in die Schüssel, ohne dass er ihn vollends zum Mund geführt hatte.
“Nein”, sagte Cendrasch und es klang wie eine Art Geständnis. “Rubinaxa… nun…” Er seufzte und setzte von Neuem an: “Bei euch sagt man sowas wie, ich würde ihr den Hof machen. Bei uns Angroschim… nun ja, da braucht das Werben um eine Braut schon mal etwas länger- ein paar Jahre, manchmal auch ein Jahrzehnt. Es ist ja nun auch so, dass der Bund von Feuer und Erz für das gesamte Leben geschlossen wird und eine solche Bindung schon einmal vierhundert Götterläufe bestand haben kann, wenn beide mit einem langen Leben gesegnet sind.” Der Junker zuckte mit den massigen Schulter. “Da ist es sinnvoll, sich auch wirklich sicher zu sein bei seiner Wahl. Zudem gibt es bedeutend mehr Männer als Frauen bei uns Angroschim. Was es für die Männer eben auch nicht einfacher macht.”
“Ich habe wohl davon gehört, dass es bei den Angroschim wenig Frauen gibt.“ antwortete Saya, das Thema schien sie wirklich zu interessieren. “Aber dass einer Hochzeit eine so lange Werbung vorausgeht, das wusste ich nicht. Man lernt doch nie aus. Aber es dürfte doch wohl ein gutes Zeichen sein, dass sie hier in Eisentann ist. Hier draußen hat sie ja weit weniger Auswahl als in einer Zwergenstadt.”
Der Junker lächelte zaghaft. “Ja, so interpretiere ich es auch.
Rubinaxa entstammt einer Sippe der Groscha-Fort-Brumborim. Ich lernte sie in der Nähe von Angbar kennen, im Hügelland, welches sich um die Stadt erstreckt. Dort leben viele Klans ihres Volkes.
Ich diente den Fürstlichen Hellebardieren dort, bevor ich als Hauptmann zur Orkentrutz abberufen wurde, um primär die Grenzen zu sichern. Das war nach dem Feldzug gen Mendena. Von der Stolzenburg aus- das liegt im Wengenholmschen, war es nicht mehr so einfach, um sie zu werben, weil ich natürlich räumlich von ihr getrennt war und nun ja, es gab halt auch noch andere Werber, die nun ihre Chance witterten. Umso glücklicher war ich, als sie meiner Bitte nachkam, mit mir in den Rahja des Reiches zu gehen, hierher nach Eisentann, wohlgemerkt gegen den Willen ihrer Sippe und ihrer Eltern."
“Ah, das klingt ja aber doch wirklich vielversprechend. Ohne ernsthaftes Interesse zu haben, hätte keine Frau es auf sich genommen, so weit aufs Land zu ziehen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich Menschen und Zwerge da groß unterscheiden. Ihr seid sehr freundlich, meine neugierigen Fragen so ausführlich zu beantworten. Meine Kenntnis von zwergischer Etikette ist leider nicht sehr ausgeprägt, falls ich euch also zu nahe trete, dann bremst mich einfach aus.”
Cendrasch schnaubte amüsiert und winkte ab. “Ich bin ein einfacher Mann, der nur das Waffenhandwerk gelernt hat. Bei mir müsst ihr keine Rücksicht auf… Etikette nehmen. Nur frei heraus. Dieser Reif.” Der Junker machte eine ungefähre Geste in Richtung des Eisenreifs, welcher immer noch an einem Geweih baumelte. “Ich trage ihn nur, weil meine Männer der Meinung sind, dass solche Symbole wichtig sind bei euch Menschen und dass es den Umgang mit manchen Gästen… einfacher macht.”
“Nun, da haben sie nicht ganz unrecht. Standesdünkel sind weit verbreitet”, stimmte die Phexgeweihte zu. “Aber schön, dass wir darauf verzichten können.” Sayalana widmete sich zunächst wieder ihrem Teller. Lange dauerte es aber nicht, bis ihr die nächste Frage in den Geist sprang. “Woher bezieht ihr das Salz? Die Suppe ist wirklich gut gewürzt, das bekommt man fern der Küste eher selten zu essen.”
“Ach wisst ihr”, eröffnete der Junker offenherzig zwischen zwei Happen. “Wir haben eine Art Tradition hier bei uns in Eisentann, auch wenn wir Angroschim noch nicht sehr lange heimisch sind in Tobrien. Wer auch immer in die Kernlande reist, um seinen Clan zu besuchen, oder um die Feiertage des Allvaters dort zu verbringen, der bringt etwas von zuhause mit. Salz, oder andere Gewürze, wie sie für die Küche unserer Rasse von Nöten sind, stehen ganz oben auf der Liste der Mitbringsel. Wenn ich mich nicht irre, stammt das letzte Säckchen aus Murolosch, der Heimat der Groschaboroschim.”
“Es tut mir leid, aber als zwergische Siedlungen in Geographie dran waren, hab ich gefehlt Die Füchsin machte kein Hehl daraus, dass sie keine Ahnung hatte, von welchem Ort der Zwerg sprach und sah ihn reichlich verwirrt an. “Hilf mir mal mit einer Landmarke, die mir geläufig sein könnte.”
Cendrasch lachte auf. Die entwaffnende Ehrlichkeit der Geweihten und ihre direkte Art gefielen ihm.
“Amboss”, brachte er schließlich hervor und wischte sich dann mit dem Handrücken eine Träne aus dem Augenwinkel. Dann erklärte er bereitwillig weiter: “Murolosch ist die Kapitale von Tosch Mur. Ihr nennt es Bergkönigreich Waldwacht, wobei die Grafschaft Waldwacht in Almada heute nicht mehr Teil des Bergkönigreiches ist, historisch es aber einmal war, wie der Name bereits vermuten lässt.
Zu Tosch Mur gehören große, unterirdische Gebiete der Baronien Lûr und Roterz, sowie von Hammerschlag. Bergwachten des Reiches unter dem Amboss gibt es gar noch in Braghan und Drift. Ich muss es wissen, Tosch Mur ist auch meine ursprüngliche Heimat. Doch ich zog mit Albrax in die Trollzacken. Ich diente Albrax, unserem Hochkönig dort auf Okdrâgosch- der Schwarzdrachenwacht, nachdem wir sie besetzt hatten, bevor er mich als Abgesandter in den Kosch schickte, damit ich mich am Feldzug gegen den Erzverräter beteilige.
Nach der Rückkehr war ich Hauptmann der Fürstlichen Hellebardiere und fühlte mich berufen im Kosch zu bleiben und zu dienen. Ich hatte den Segen meines Königs. Die Verteidigung der Gorschafortbrumborim- der Kinder des Friedens, die um den Angbarer See leben, ist Albrax ein besonderes Anliegen. Er war es, der nach dem Rat von Ingrahall die Hochkönigliche Wacht bestellte, auf dass die Hügellande unter Protektion gestellt würden.
Tja und den Rest dürftet ihr wissen. Der Herzog des befreiten Tobriens belehnte einige verdiente Soldaten, die innerhalb des Feldzuges nach Mendena gedient hatten. Ich bekam dieses Fleckchen nahe Schwarztobriens wohl, weil der Herzog sich erhofft, dass gediente Soldaten die Grenze am besten zu verteidigen wissen, vielleicht aber auch wegen dem Erz, dass es hier zu finden gibt.” Cendrasch zuckte mit den Schultern und erhob dann seinen Becher. “Auf das freie Tobrien. Möge der doppelköpfige Wolf seine Pranken bald wieder gen Firun ausstrecken.” Bei Amboss und Waldwacht nickte Sayalana verstehend. Diese Bezwichnungen der Gegend kannte sie, ja war sogar schon dort gewesen, zumindest in menschlichen Siedlungen. Dem Trinkspruch des Zwerges schloss sie sich lächelnd mit ihrem eigenen Becher an. “Dabei mögen uns die Götter helfen, Firun bi!”
“Und ihr?” Den Junker sah Sayalana neugierig an. “Da ihr nun so viel über mich wisst. Erzählt mir etwas von euch. Ich weiß gerne, mit wem ich trinke, speise natürlich auch. Euer Nachname zum Beispiel.. de… Va-loi-sé”, Cendrasch sprach die Silben langsam, weil er wohl befürchtete, ihn nicht korrekt wiedergeben zu können. “Woher stammt er, aus Almada, oder von dort, wo die Menschen Horas zu ihrem König sagen?”
“Aus Almada.” Sayalana stellte ihren nun leeren Becher ab und lehnte sich bequem zurück. Mit der Grundlage des Eintopfs war der Rumtopf gar nicht mehr so gefährlich für den Kopf. "Ich habe ihn übernommen, als ich geheiratet habe. Bis vor zwei Götterläufen war ich noch einfach Sayalana Sterntreu Sindarian. Meine Mutter ist Gauklerin und stammt aus Aranien, mein Vater ist Maraskaner, aufgewachsen bin ich in Albernia, wo meine Eltern ein Wegegasthaus betrieben, bis es die Nordmärker niederbrannten, damals in diesem elenden Bürgerkrieg. Ich wurde zu der Zeit aber von Phex dazu berufen, meine Heimlichkeit aufzugeben und ihn im Konzil zu vertreten. Damit dürfte ich mittlerweile eine von den dienstältesten Geweihten in Perainefurten sein.” Sayalana lächelte. “Ich bin also eine aranisch-maraskanischstämmige, Wahltobrierin mit albernischen Wurzeln und Bezug zu Almada.”
Wiederum lachte der Zwerg. “Das gefällt mir, auch wenn mir ein Teil eurer Herkunft suspekt ist. Ich kann nicht verstehen, dass Menschen freiwillig auf Maraskan- dem Bannland leben. Aber das ist nebensächlich. Wie mir scheint, haben wir beide eine bewegte Vergangenheit und vor allem sind wir beide dem Grunde nach Fremde in Tobrien. Was ist eure Motivation hier zu sein? Ist es der Wille Phexens, dessen Wege euch- dich hierher gelenkt haben, oder hat dies noch andere Gründe?”
Als Cendrasch das Bannland erwähnte, in Zusammenhang mit dort leben, wurde Saya unvermutet zurückerinnert an Maraskan. Ein düsterer Schatten zog über ihr Gesicht, oh ja diese Insel hatte böse Narben hinterlassen, unwillig, gedanklich dort zu verweilen, schüttelte sie den Kopf und konzentrierte sich wieder auf den Junker.
Dabei entging ihr völlig, dass sich dessen Gesichtsausdruck bei seiner Frage leicht verändert hatte. “Ich gehe dahin, wo Phex es mich heißt. Meistens sind es Orte, wo es wirklich brennt. Glaub mir, ich hatte schon Diskussionen mit ihm deshalb! Aber nach all diesen Jahren ist mir Tobrien tatsächlich ans Herz gewachsen. Die Art der Leute, dieser stoische Mut, …” Saya grinste, “Seien wir ehrlich, die Tobrier sind stur. Sie geben einfach nicht auf. Und egal wie klein die Hoffnung auch sein mag, sie halten dran fest. Ich bewundere das sehr. Deshalb bin ich immer noch in Tobrien. Oder mißverstehe ich dich gerade? Geht es darum, warum ich hierher nach Eisentann gekommen bin?”
“Nein”, entgegnete der Junker. “Es ging mir um Tobrien. Warum du nach Eisentann gekommen bist weiß ich ja bereits.
Ja, ich denke es ist die Sturheit der Menschen, die mich an meine Rasse erinnert. Dies ist ein Grund, warum ich es mit ihnen, hier gut aushalten kann. Aber es ist mehr als das. Ebenso wie Phex euch Aufgaben stellt, hat der Weltenbauer mir eine anvertraut.”
Cendrasch ließ diese Behauptung im Raum stehen, sah Sayalana für einen Moment an stumm an, bevor er, wie zu sich selbst, einmal knapp nickte.

“Ihr werdet die Bedeutung von Eisentann erst begreifen und das richtige tun können, wenn ihr alles gesehen habt”, sagte der Zwerg und die Geweihte erkannte, dass er sich zu ‘etwas’ durchgerungen hatte, dessen Tragweite sie nicht greifen konnte- noch nicht.
“Kommt, ich möchte euch den Tempel des Roten der Götter zeigen”, verkündete der Junker, da sie beide inzwischen ihre Schüssel geleert hatten. Cendrasch stürzte den Rest Brannt hinunter und löste sich von seinem Schreibtisch, um sich wieder seinen Reif auf das Haupt zu setzen.