ET20 BiE Am Ziel der Reise

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Briefspiel
Am Ziel der Reise
Region: Ysilien
Ort: Junkertum Eisentann
Zeitraum: 10.04.1044 BF
Beteiligt: Cendrasch Sohn des Chrysoprax, Sayalana Sindarian Sterntreu de Valoisé
Kapitel:


Es war zur Phexensstunde, also nur wenig Wegstrecke nach dem Aufbruch am Morgen, da sich den Reisenden der dichte Wald, welcher die letzten Stunden ihrer Reise vorwiegend aus verschiedenen Nadelbäumen bestand, öffnete und den Blick auf ein Wehrdorf mit im Zentrum gelegener Motte freigab. Dies musste Waidbruch sein. Es gab in dieser Gegend keine anderen, derart befestigten Dörfer.
Die letzten Zweifel wurden nur wenig später ausgeräumt, da sich die Gruppe dem Weiler näherte und das Banner mit den drei roten Tannen auf silbernen Grund erkennen konnte, welches über dem auf dem Hügel der Motte errichteten Turm im seichten Wind flatterte. Sie waren am Ziel.
Den Knüppeldamm folgend, den sie kurz darauf am Rand des Waldes fanden, näherten sie sich rasch dem hohen Palisadenwall. Der befestigte Weg führte sie auf das einzige Tor zu, welches in das Dorf hinein führte. Das Tor, das aus zwei massiven Holzflügeln bestand, stand offen, war mit einem überdachten Wehrgang versehen und von zwei hölzernen Türmen flankiert. Dort oben konnten die Reisenden zwei gerüstete Torwachen und zwei offenbar stationär angebrachte Armbrüste ausmachen. Besonders aber war das, was unterhalb des Wehrgangs, über dem Tor angebracht war.
Es war ein seltsam großer, wie auch grotesk langgezogener Schädel, der zu keinem Menschen, aber auch keinem den Reisenden bekannten Tier passen wollte, der zwischen den kunstfertig mit einem Beitel in das Holz gearbeitete Wappen des freien Tobrien und der Landgrafschaft Ysilia hing. “Heyda Fremde, wen dürfen wir dem Junker melden?”, vernahmen die Vordersten des kleinen Zuges die Frage von einer der Torwachen, die in blitzende Kette und mit einem Nasenhelm zwergischer Machart gerüstet war. Der starke Akzent der tiefen, sie anrufenden Stimme wollte nicht nach Tobrien passen und deutete ebenso wie die Kopfbedeckung darauf hin, dass es Angroschim waren, die hier Wache hielten. An der Größe war dies indes nicht zu erkennen, denn die Brustwehr des Wehrgangs war für einen Menschen errichtet worden. Wenn es Zwerge waren, dann standen sie auf etwas drauf, so groß, dass sie drüber schauen konnten, wären sie ansonsten niemals gewesen.
Für einige Augenblicke war die Phexgeweihte in den Anblick des seltsamen Schädels versunken und sinnierte, was das wohl sein könnte, dann aber gab sie sich einen Ruck und antwortete den Wachen: “Firun bi! Den Zwölfen zum Gruße!” rief sie mit fröhlichem Unterton. “Ich bin Sayalana Sterntreu vom Zwölfgöttlichen Konzil. Meine Begleiter sind die Händlerin Prailieb Lowanger und ihr treuer Begleiter Bernhelm. Wir ersuchen um Einlass und in Travias Namen um Gastfreundschaft.”
Ein kurzer Moment der Stille trat nach diesen Worte ein. Einzig die geschulten Sinne der Dienerin des göttlichen Fuchses vernahmen das leise Geklirre von Kettengliedern, dem einige geflüsterte Worte in der Zunge der Angroschim folgten. Dann trampelte eine der Wachen davon. Deutlich waren seine schweren, sich rasch entfernenden Schritte auf dem Wehrgang schräg über ihnen zu hören und tatsächlich war der erste Schritt deutlich lauter als die folgenden gewesen. Die Wache war von irgendetwas hinuntergestiegen.
“Im Namen des Allvaters, seid willkommen in Waidbruch Reisende”, erwiderte die verbleibende Wache und die Geweihte erkannte wie viel Mühe sich der Zwerg machte, deutlich zu sprechen, so dass sein Dialekt die Worte nicht verzerrte. “Der Junker wird kommen, um euch persönlich zu begrüßen. Tretet ein. Waidbruch steht euch offen.”

In etwa den sechsten Teil eines Stundenglases später, der kleine Tross war inzwischen durch das offene Tor in das Wehrdorf eingezogen und von den Bewohnern Waidbruchs zwar zögerlich, aber dafür äußerst freundlich begrüßt worden, marschierten von Richtung der Motte drei Zwerge auf die Gruppe zu, die auf dem fest gestampften Platz hinter dem Tor, zwischen den einfachen Holzhäusern wartete.
Das, was die Reisenden, um die Dienerin des Fuchses bis dahin von Waidbruch zu sehen bekommen hatte, waren etwa ein Dutzend intakte Holzhäuser und einige weitere, die wie geplündert wirkten. Eine Beobachtung, die dazu passte, dass etwa fünf Dutzend Menschen hier leben sollten, wohingegen es vor der Invasion der Verdammten nahezu einhundert gewesen sein sollten. Dominiert wurde das Wehrdorf jedoch von dem etwa zehn Schritt aufragenden Hügel der Hochmotte, den ein innerer Verteidigungswall umgab. Auf ihm stand eines der wenigen Steingebäude Waidbruchs- das Herrenhaus, sowie der hohe Turm, welchen die Reisenden schon aus der Ferne erblickt hatten. Ein weiteres steinernes Gebäude war der erst kürzlich eingeweihte Ingerimmtempel von Waidbruch, dessen Schmiede durch die Flucht zweier Häuser zur Linken hindurch, nahe dem Palisadenzaun zu erkennen war.

Flankiert von zwei grimmig dreinschauenden Gerüsteten, die neben rabenschwarzem Haar auch verstörend dunkle Augen besaßen und sich darüber hinaus bis auf die Art und Weise wie sie ihre langen Bärte geflochten hatten, quasi bis aufs Haare glichen, trat den Gästen unzweifelhaft der Junker entgegen. Das, was ihn als diesen auswies, war ein einfacher, blank polierter, etwa drei Finger breiter Reif aus Eisen, in den kunstfertig drei Tannen eingearbeitet waren, die aus Kupfer zu bestehen schienen und die der Angroscho über der Stirn trug.
Der Herr von Eisentann hatte silbernes Haar und stechende, dunkelgraue Augen. Sein Bart war aufwändig geflochten. Der Backenbart vereinigte sich mit seinem breiten Schnauzbart in zwei dicke Zöpfe, wohingegen der Kinnbart und der Großteil des restlichen Bartes zu vier feineren Zöpfen geflochten war. Das Haupthaar hingegen trug der Junker ordentlich geschabt.
Während seine Bedeckung in Kettenhemden und -hosen gekleidet war und ihre Kettenhauben in den Nacken geschlagen trugen, war der Junker nur in einen einfachen, dunklen Gambeson, eine robuste Lederhose und geschnürte Stiefel gekleidet.
“Beim Alten Väterchen und dem Weißen Jäger seid mir willkommen in Eisentann”, begrüßte sie der Zwerg mit tiefen Bariton bereits im Entgegeneilen, bevor er vor Sayalana, die er ganz offenbar als die Anführerin der Reisegruppe erkannte, zum stehen kam.
“Mein Name ist Cendrasch groscho Chrysoprax aus Dumron Okosch- der Schwarzen Zuflucht, wie ihr es nennt. Und dies hier sind Gorm und Groth.” Der Junker nickte kurz wie beiläufig nach rechts und links, um so auf die Zwillinge zu deuten, die ihn einrahmten. “Sie sind Söhne des Grimmgax.”
Sayalana trat einen halben Schritt vor und neigte Kopf und Schultern in der Andeutung einer höflichen Verbeugung. “Seid bedankt für das herzliche Willkommen, Euer Wohlgeboren. Wenn ich vorstellen darf, die Dame Prailieb Lowanger, Händlerin aus Perainefurten und ihr Begleiter Bernhelm. Mein Name ist Sayalana Sindarian Sterntreu de Valoisé, ich bin die Legatin des Listigen. Und wie es scheint, erreichen wir euer Lehen gerade zur rechten Zeit.” Saya hob den Blick kurz zu den Schneeflocken, die nun immer dichter zu fallen begannen. Der Junker wirkte verblüfft und machte daraus keinen Hehl. Die Pause, die entstand, war lang, zu lang und dies ließ nur den Schluss zu, dass der Angroscho mit einem solchen Besuch nicht gerechnet hatte. Sayalana meinte gar in Gorms Miene ein schiefes Grinsen zu erkennen.
“Es freut mich, dass der Weltenschöpfer eure Wege nach Eisentann gelenkt hat Ehrwürden”, sprach der Angroscho schließlich zögerlich, als er sich gesammelt hatte und nickte Sayalana ehrerbietend zu, nur um sich dann sogleich selbst zu korrigieren.
“Hochwürden- verzeiht, dies muss die richtige Titulation sein, wie im Falle von seiner Hochwürden Ignatzius Darbelstein. Liege ich richtig? Verzeiht, ich bin ein ausgebildeter Krieger und Soldat, Hauptmann außer Dienst. Dieses Formelle liegt mir nicht sonderlich.” “Nun, dann verzichten wir doch darauf”, entgegnete Saya mit einem verschmitzten Augenzwinkern für den Zwerg in Nöten. “Ich habe noch nie sonderlich viel Wert auf Titulatur und Protokoll gelegt. Wer man ist und was man kann, das zeigt sich eh nicht in einem Titel.” Fröhlich lächelte die Phexgeweihte in die Runde. “Aber ihr habt natürlich Recht. Hochwürden ist korrekt. Wie bei Ignatius, der euch herzlich grüßen lässt und im Prinzip Schuld trägt an meinem Hiersein.”
“Na, da macht ihr mich jetzt aber wirklich neugierig. Gut”, beschied der Junker, “das könnt ihr mir gleich in Ruhe oben in der warmen Stube erklären. Dort könnt ihr euch auch aufwärmen.”
“Wunderbare Idee. Dann folgen wir euch.” Bei Sayalana rannte der Junker offene Türen ein mit seinem Vorschlag.
“Gorm, Groth, ihr sorgt dafür, dass die Begleiter ihrer Hochwürden im Dorf unterkommen und sie, ebenso wie die Tiere versorgt werden”, gab der Junker seinen Mannen Befehl, dann wandte er sich an die Götterdienerin. “Meine Dame. Folgt mir bitte hinauf”, forderte der Junker sie auf. Dann drehte er sich um und stapfte sogleich los.

Der Weg führte direkt Richtung Hochmotte, die am dem Tor entgegengesetzten Ende des oval angelegten Wehrdorfes lag. Von einem tiefen Graben und dahinter liegenden inneren Palisadenwall geschützt, ragte der rasch ansteigende und von mehreren Reihen mit angespitzten Pfähle gespickte Hügel weit über das umliegende Gelände.
Der Junker und seine Begleiterin überquerten eine kleine Zugbrücke und durchschritten das innere Tor, vor dem zwei Zwerge in Kettenhemden, Helmen und Spießen Wache hielten. Am Hang des Hügels, innerhalb des inneren Walls, musste man eine hölzerne, überdachte Rampe erklimmen, die wie eine Brücke vier Schritt über die Pfahlreihen stand und nach oben, zur Spitze des Hügels mit dem Herrenhaus führte. Einen anderen Weg gab es quasi nicht, nur den ‘ungemütlichen’ durch die Pfähle.
In der Mitte der Konstruktion, also auf halben Weg, erkannten die Geweihte ein großes, nur eingehängtes Brückenteil, das wohl jederzeit entfernt werden konnte, um den direkten Weg hinauf im Verteidigungsfall zu unterbrechen.
Das Herrenhaus war ein längliches Bauwerk, dessen Erdgeschoss aus Stein gefertigt worden war. Dort gab es nur vier tiefe Schießscharten auf jeder Seite, die auf dicke Wände schließen ließen. Das Obergeschoss war wie das Dach mit dunklem Schiefer abgedeckt, Fenster gab es nicht.
Einige Schritt vom Eingang des Hauses, stand der steinerne Wehrturm, welcher vier Stockwerke und eine überdachte Wachplattform besaß, die ebenfalls mit einem Schieferdach versehen war.