Braumeister gesucht

Aus Tobrien Wiki
Wechseln zu:Navigation, Suche

Strandgut - Nachrichten aus Quellensprung

Braumeister gesucht


Teil 1- Besuch in Eisenmann Anfang Praios 1043 BF, Baronie Quellensprung

„Herr Junker -äh- Vogt -äh- Wohl… Hochgeb... -äh-...“ Der angesprochene machte dem Gestammel mit einer wischenden Handbewegung ein Ende. „Für dich immer noch Kendrick, mein alter Freund.“ Junker Kendrick von Hagensmoor konnte sich selbst noch nicht so ganz zurechtfinden in seiner Rolle als Vogt von Quellensprung. Und gerade hier im Dun Buck wollte er das auch nicht. Der Wirt, Momme Pottenbruck, war einer der wenigen, die die Zeit der Besatzung irgendwie überlebt hatten und Momme hatte sogar sein Erbe, die Wirtschaft samt dazugehöriger Brauerei hier in Zibben Winkel halten können.

Der Dun Buck war berühmt für das hier gebraute Starkbier und irgendwie war das auch der Grund für seinen Besuch. Vor einigen Wochen war der alte Braumeister, Feike Bernstein, gestorben. Kendrick war hier um zu kondolieren. Er setzte sich an einen freien Tisch und es dauerte nicht lange da setzte sich Momme zu ihm. “Es tut mir leid um Feike. Der alte Mann war ein Meister seines Faches. Lass uns auf ihn anstoßen.” Mommes Frau kam auch schon mit zwei gut gefüllten Humpen an den Tisch. Kendrick griff danach doch bevor er den Krug zum Gruße an den verstorbenen heben konnte legt sich Mommes Arm auf den seinen. Momme blickte fragend zu seiner Frau, die nur kurz mit den Schultern zuckte. “Warte.” Der Wirt nippte kurz an seinem Krug und verzog das Gesicht. “Bei allen Göttern. Das war wieder nichts.” Er spuckte das Bräu zurück in den Krug. “Was war das denn?” Kendrick probierte ebenfalls. “Puh - was ist denn bei euch los? Das ist doch nicht euer berühmtes Tribuck?” “Da siehst du’s. Auch dem Herrn Vogt, also Kendrick, schmeckt es nicht.” Zu Kendrick gewandt fuhr er fort. “Feike fehlt uns an allen Ecken und Enden. Seine Kinder versuchen die Brauerei fortzuführen aber irgendwie scheitern sie an unserem besten Bräu. Dem dreifachen Starkbier. Wenn das die aus Dünnwald herausbekommen, dann kann ich schon die Spottgesänge hören. Die mit ihrem Donnerschlag bekommen dann Oberwasser. Und das wo in den nächsten Monden so viele Feste anstehen.”

Kendrick nickte nur. Die beiden Orte Donnwald und Zibbenwinkel lagen schon seit Generationen im ständigen Zwist wer in der Baronie wohl das beste Bier braute. Und das Starkbier beider Dörfer war sozusagen die Meisterklasse. Die nächsten Götternamen würden mit einigen Festen in der Baronie aufwarten. Da wäre ein Gebräu wie dieses hier eine Blamage. “Was ist passiert? hat Feike das Rezept etwa mit ins Grab genommen?” Verzweifeltes Kopfschütteln war die Antwort. “Keine Ahnung aber die beiden bekommen es einfach nicht hin. Sie machen alles so wie der Alte es niedergeschrieben hatte bevor er über das Nirgendmeer zog. Doch etwas stimmt nicht. Ich befürchte wir werden nun für immer unter dem Spott der Dünnwalder leiden müssen.” “Verzeiht, wenn ich mich einmische.” Ein junger Mann von etwa 25 Götterläufen rückte seinen Stuhl an den Tisch. “Ich wollte euer Gespräch nicht lauschen aber ich kam nicht umhin und…” Er hob seinen Krug. “...das hier ist wirklich ungenießbar.” Beklemmendes Schweigen war die Antwort. “Mein Name ist Ladron Mond Matt und ich bin, wenn man so will, Reisender. Mich dünkt ihr braucht Hilfe und ich wüsste wo ihr welche bekommt.” Wirt und Vogt sahen erst sich an und dann mit neugierigen Blicken zu dem jungen Mann. “Dann sprich. Wenn du einen Rat weißt, dann soll es dein Schaden nicht sein. Es geht hier um die Ehre meiner Wirtschaft, der Brauerei, des ganzen Dorfes. Das soll mir etwas wert sein.” Momme winkte seiner Frau, die sogleich mit einem verkorkten Tonkrug herankam. “Das hier ist noch alter Bierbrannt. Von Feike persönlich. Das sollte deine Zunge lösen.” Der Wirt grinste und schenkte großzügig ein. Ohne zu zögern griff Ladron zu dem kleinen Stamperl und kippte ihn die Kehle hinunter. “Oh…” Tränen schossen ihm in die Augen. “Ja. Das ist was echtes.” Die Stimme war in diesem Moment mehr ein Flüstern. “Seht zu, dass das die Thorwaler nicht mitbekommen. Meiner treu!” Ein paar Augenblicke später hatte Ladron die Sprache wiedergefunden. “Ich war neulich in der Baronie Speckfelden. Auf dem anderen Ufer der Tobimora gibt es einen Junker. In Eisentann um genau zu sein. Er ist ein Angroschim und soweit ich es vernommen habe hat er gute Kontakte in den Kosch. Und sonstwohin. Jedenfalls, wäre ich an eurer Stelle, würde ich mich einmal nach einem neuen Braumeister umschauen.” Und mit einem Blick auf die drei nicht angerührten Bierkrüge fügte er hinzu. “Schaden kann es jedenfalls nicht. Kann ich noch so einen Brannt haben? Du weißt ja: Auf einem Bein…”

Am nächsten Tag wachte Kendrick von Hagensmoor auf als ein Sonnenstrahl durch das Fenster drang und ihm mit voller Wucht auf die Stirn hämmerte. Der Abend war, soweit er sich erinnern konnte, noch lang geworden. Die drei Männer hatten den kompletten Krug Bierbrannt verköstigt und dabei Pläne geschmiedet. Momme war hier unabkömmlich. Er wollte zusammen mit Feikes Sohn Haimo weiter versuchen das Tribuck so hinzubekommen wie man es hier an der Küste gewohnt war. Nach dem sechsten oder siebten Brannt, oder was auch immer, hatte sich Kendrick auf die Brust geschlagen und verkündet, dass es sich hier um das Wohl und Wehe eines seiner Lehensleute handelte und es seine Pflicht als Vogt war sich hierum höchstpersönlich zu kümmern. Zugegebenermaßen hatte er allerdings keinerlei Ahnung vom Bierbrauen und nur durch das Verkosten würde ein würdiger Braumeister kaum gefunden. Kurzum entschieden die Männer, dass Imke, Feikes Tochter, den Vogt auf der Reise nach Eisentann begleiten würde. Die junge Frau hatte viel von ihrem Vater gelernt und wäre auch sicherlich diplomatischer im Umgang mit fremden Braumeistern als der Sohn.

Ladron, auf dessen Geheiß sie nach Eisentann aufbrachen, hatte es sich nicht nehmen lassen, sie auf der Reise zu begleiten.

Kendrick bereute, dass er auf eine unverzügliche Abreise gedrungen hatte. Jeder Schritt seines Pferdes ließ ihn an Ambosse und Hämmer denken. Nun ja. Ein passendes Bild, wenn man bedachte, dass sie sich aufmachten, um einen Zwerg zu besuchen. Wenn das Hämmern nur ein klein wenig nachlassen würde bis sie in Eisentann eintrafen.


Der Mond des Götterfürsten machte die Reise zumindest angenehm was die bloßen Rahmenbedingungen betraf, Regen oder gar Unwetter mussten die drei Reisenden nicht ertragen. Praios Antlitz schien fast fortwährend, nur hier und da zogen einzelne Wolken träge am Himmel vorbei.

Nichtsdestotrotz taten ihnen am Ende der drei nahezu ereignislosen Tage der Hosenboden furchtbar weh, daran konnte auch das gute Wettern nichts ändern. Etwa einhundert Meilen hatten sie zurückgelegt, als am Nachmittag endlich eine Siedlung am Waldrand in Sichtweite kam. Das Dorf sah genau so aus, wie die Bauern es ihnen beschrieben hatten, denen sie unterwegs begegnet waren. Ja, dies musste Waidbruch sein, die Hochmotte im Zentrum des sehr wehrhaft wirkenden Siedlung ließ kaum Zweifel zu. Schon von Weitem war der aufgeschüttete Hügel mit dem sich darauf befindlichen Steinbau und angebautem Wehrturm zu erkennen.

Im Näherkommen stellten die Reisenden fest, dass das gesamte Dorf von einem Palisadenzaun umgeben war, vor dem sich ein Graben befand. Der zwergische Vogt war anscheinend auf Sicherheit bedacht. Dafür sprach auch, dass der Zugang ins Innere Waidbruchs nur über eine Zugbrücke möglich war, an die sich ein schweres Holztor anschloss.

Vor dem Tor stand zweifellos ein Zwerg und hielt Wache. Selbst bereits aus der Ferne war zu erkennen, dass jene kleine, gedrungene Person kein Mensch sein konnte. Das Kettenhemd, was dann kurz darauf deutlich auszumachen war, der langstielige Hammer, der zu seinen Füßen ruhte und letztlich der lange Bart, der der Torwache bis zur Gürtelschließe reichte, zerstreuten auch die letzten Zweifel.

“Willkommen in Waidbruch Fremde”, begrüßte der Angroscho die Gruppe zu Pferd, als sie nah genug heran waren. Wohlweislich hatte er sich ihnen zu diesem Zeitpunkt demonstrativ in den Weg gestellt und sich dabei den Schweren Hammer über die Schulter gelegt. “Was ist euer Begehr?” Sein Akzent war grausig, kehlig und Fremd für die Tobrier.

“Wir sind Reisende aus Quellensprung, auch Horn von Mendena genannt. Ich bin Vogt der Baronie. Kendrick von Hagensmoor ist der Name. Und dies sind meine Begleiter Imke Bernestein und Ladron Mondmatt.” Kendrick deutete nach links und rechts. “Wir hörten, dass man hier gute Kontakte knüpfen kann, so man auf der Suche nach einem guten Handwerker ist. In unserem Fall geht es um einen Braumeister für Bier. Sagt guter Mann, kann uns hier geholfen werden?”

Zunächst schaute der Zwerg die drei Menschen nur verdutzt an, doch dann nickte er. Scheinbar hatte er begriffen.

"Ihr wollt zu Meister Cendrasch." Es war mehr eine Feststellung denn eine Frage. "Gut, willkommen in Eisentann." Der Gardist trat auf seine und wies mit einer Hand auf das offenstehende Tor.

"Wendet euch dem Zentrum zu und sagt am inneren Tor, dass ihr Handwerker anheuern wollt, dann wird man euch zum Junker bringen", gab er ihnen noch als Rat mit auf den Weg.

Dem Wehrdorf, dessen sie im Folgenden ansichtig wurden, konnte man ansehen, dass es schwere Zeiten durchlebt hatte und sich noch im Wiederaufbau befand. Die Substanz der meisten Häuser aber schien solide zu sein und das Kopfsteinpflaster war bereits erfolgreich instandgesetzt worden.

Der Hügel in der Mitte der Ortschaft ragte bald zwischen den Häusern empor. Gut und gern zehn Schritt erhob er sich an seiner Spitze über das Niveau des restlichen Dorfes. Umgeben von einem Graben und einem hohen Palisadenzaun wirkte das sich auf der Spitze befindliche Herrenhaus recht wehrhaft. Hinauf führte nur eine Art Brücke, die auf dicken Pfählen stand und über einen Teil verfügte, der nicht fest angebracht war, so dass er im Angriffsfall eingezogen werden konnte.

Der Wächter am inneren Tor, ebenfalls ein gerüsteter Angroscho, pfiff laut unter Zuhilfenahme zweier Finger und bat die Reisenden zu warten. Dies mussten sie indes nicht lange, denn schon nach kurzer Zeit sahen sie einen weiteren Zwergen die Brücke zu ihnen herabkommen.

Der Angroscho unterschied sich von den Gardisten dadurch, dass er weder Rüstzeug noch Waffe trug, sah man von dem Drachenzahn an seinem breiten Gürtel ab. Gekleidet in eine Wildlederhose, feste, dunkle Schnürstiefel und eine speckige Lederweste, die einiges von seiner breiten Brust erkennen ließ, machte er den Eindruck als wäre er ein Handwerker.

Der Gardist jedoch meinte schlicht: “Meister Cendrasch, diese Reisenden möchte bei euch Handwerker anwerben”, was darauf schließen ließ, dass sie vor dem Junker standen.

Der Zwerg besaß felsgraue Augen und silbern glänzendes Haar, dass er adrett zum Seitenscheitel trug. Besonders war in seinem Fall nicht der penibel geflochtene Bart, der ihm bis über die Gürtelschließe reichte, sondern sein Schnauzer, der fast wie ein Korkenzieher anmutete und noch über seine eckigen Gesichtszüge hinausragte.

“Werte Gäste”, sprach der Junker nun die Besucher an und sogleich erkannten diese den weitaus weniger derben Akzent des Zwergen. “Kommt mit hinauf. In meinem Arbeitszimmer können wir weit besser sprechen.” Und so hielt man es. Gemeinsam trat man den Weg hinauf an, über die schmale Brücke, die über Graben, Palisadenwall und das ebenfalls darunterliegende Feld von angespitzten Pfählen, die einen Absturz ungesund würden enden lassen.

Der Sitz des Junkers war ein stattliches, zweistöckiges Haus aus dicken Steinmauern und passte irgendwie zu dem Zwerg. An dem Gebäude saß ein Wachturm, der ebenfalls aus Steinen gefügt war und einen hervorragenden Blick über die umgebende Landschaft ermöglichen musste. Nachdem man die schwere Holztür ins Innere hinter sich gebracht hatte, ging es über einen dunklen Flur, der irgendwie ein wenig muffig roch, zu einer weiter im Haus gelegenen, einfachen Tür, die in eine Stube führte. Wände und Decke waren vertäfelt, der grob aus Stein gefügte Boden mit abgewetzten Teppichen ausgelegt.

Ein schwerer, runder Holztisch und einige Lehnstühle stand in der Mitte des Raumes, ein aufklappbarer Sekretär an der Wand, indem sich die Tür befand. Durch zwei schießschartenartige Fensteröffnungen in der steinernen Außenwand viel ein wenig Licht ins Innere. Einen aufgemauerten Kamin gab es auch, dieser war jedoch nicht angefeuert.

“Bitte setzt euch”, sprach der Junker einladend und wies auf den Tisch. Er selbst ging zum Sekretär, öffnete die Flügeltüren und trat dann mit vier kleinen, irdenen Gläschen, sowie einem Fläschchen aus rötlich schimmerndem Metall zu seinen Gästen, um sich zu setzen.

“Also, dass ich der neue Junker von Eisentann bin wisst ihr ja nun inzwischen. Mein Name ist Cendrasch. Ich bin der Sohn des Chrysoprax. Mit wem habe ich die Ehre?”

Kendrick wiederholte die Vorstellung seiner Begleiter und von sich selbst. “Nun denn, wir in Quellensprung können uns gewisslich nicht mit den Braumeistern des Kosch messen, doch unser Bier aus der Strandgerste kann sich dennoch sehen und schmecken lassen. Zu gerne hätten wir euch eine Kostprobe mitgebracht. Aber genau hier liegt das Problem. Der Braumeister einer unserer Brauereien, wir haben genau zwei an der Zahl, ist jüngst verstorben und mit ihm scheint das Talent das berühmte Starkbier zu brauen auch verschwunden zu sein.” Bei dem Verweis auf das Talent atmete Feike scharf aus, was der Vogt mit einem kurzen aber scharfen Seitenblick würdigte. “Die junge Dame hier, Imke, tut ihr bestes um das Erbe ihres Vaters anzutreten, doch irgendein Detail scheint ihr dabei stets zu misslingen. Dank meines anderen Begleiters, kamen wir dann auf die Idee es vielleicht einmal mit auswärtiger Hilfe zu versuchen. Und hier kommt ihr ins Spiel, werter Cendrasch. Aber zuförderst möchte ich ein kleines Gastgeschenk übergeben. Eine weitere Spezialität meiner Baronie. Brannt aus Äpfeln. Neben einem sehr ansehnlichen Wein, den wir Zider nennen, brennen wir aus der Maische diesen guten Tropfen.” Er überreichte eine Tonflasche, die wohl etwa ein halbes Maß beinhalten würde. “Und, nun ja, wir wären nun hier, um euch um Hilfe zu bitten. Ladron hier,” er deutete auf den jungen Mann neben sich “erwähnte, dass man hier Kontakte zu Handwerkern aller Art knüpfen könnte. Und die Hoffnung ist, dass wir so an einen Braumeister geraten, der uns aus unserer Misere heraushelfen könnte.” Der Angroscho verzog keine Miene während Kendrick sein Anliegen vorbrachte. In die Pause, die nun eintrat, mischte sich dann Ladron ein. “Euer Wohlgeboren, wenn ich etwas dazu beitragen darf? Ihr mögt euch fragen was dann euer Anteil an diesem Geschäft wäre. Nun, ich könnte mir vorstellen, dass man hier die Grundlage eines weiteren Austauschs zwischen den beiden Baronien legen könnte. Die Zeiten sind hart. Für uns alle. Die Landstriche haben lange unter der Besatzung gelitten, viele Menschen darben und jeder versucht nach seinen Möglichkeiten wieder auf die Beine zu kommen. Und neben einer gewisslich noch zu vereinbarenden Provision für die Vermittlung eines Braumeisters wären da ja noch andere, sagen wir, Opportunitäten, die es sich zu untersuchen lohnen könnte.”

Der Junker hob eine Braue, “Opportunitäten?” Der Zwerg lachte und begann damit die kleinen Gläschen großzügig zu füllen. Danach schob er die Behältnisse vorsichtig über die Tischplatte vor jeden seiner Gäste.

“Erst einmal, ich bin kein... Wohlgeboren- ich bin der Sohn einer stolzen Kriegerin aus Tosch Mur und eines Geoden aus dem Amboßgebirge. Die Leute hier sagen schlicht Meister Cendrasch zu mir.

Wenn ihr auf diese...”, er wedelte mit der Hand in der Luft, “Bauchpinseleien verzichten könnt, wäre ich dankbar. Es reicht mir vollkommen, dass ich mir zu den wenigen Gelegenheiten am Hofe diese Tituladingsmen merken muss.”

Der Zwerg hob kurz beide Hände, wie als wolle er das Thema beenden. Dabei lächelte er gewinnend. “Danke für euer Gastgeschenk, jetzt aber trinken wir einen Beerenschnaps aus dem lieblichen Angbarer Tal und dann reden wir über das Geschäft. Baroschem!”

Nachdem alle ihr Gläschen geleert hatten, einem sehr süssen, aber auch derb starkem Schnaps, nickte Cendrasch zufrieden.

“Gut, zunächst muss ich wissen, wieviel ihr von der Braukunst meiner Rasse und den Vorlieben der ihrer Völker wisst, das könnte wichtig sein. Kennt ihr den Unterschied zwischen den Gorschafortbrumborim- die die Bingen ihrer Vorväter verlassen haben, um unter freiem Himmel zu leben, den Groscha-roroxim-angrasch- dem größten unserer Völker, die in den Ingrakuppen, den Eisenbergen, den Phecanowald und im Koschmassiv leben und meinem Volk, den Mortarim?”

Kendrick konnte sich ein verschmitztes Lächeln nicht verkneifen als er sah wie Ladrons Gesichtsfarbe von einem gesunden braun in einen leichten Rotton wechselte. Der junge Mann hatte sein Gegenüber ganz offensichtlich falsch eingeschätzt. Nun gut, denn vielleicht wäre sonst Kendrick in die gleiche Falle getappt. “Ich muss gestehen, dass wir nur sehr wenig über die Geschichte eures Volkes wissen. Und wahrscheinlich auch ebenso wenig über die Braukunst. Auch wenn jeder von uns bestimmt schon einmal in den Genuß eines Zwergenbräus gekommen sein dürfte. Selbstverständlich wäre es uns eine Freude mehr zu erfahren. Wissen schadet ja schließlich nicht. Doch um eines klarzustellen: Wir suchen einen Braumeister, der uns hilft das typische örtliche Bier zu brauen. Wenn die zwergische Braukunst hierbei noch eine Verbesserung bringt, dann ist uns das natürlich sehr willkommen.” Nach einer kurzen Pause fügte er noch hinzu: “Ich sage das nur damit wir uns nicht falsch verstehen. Wir suchen einen Braumeister, der offen für Neues ist. Ich denke du weißt was ich meine. Ein Sturkopf, der Bier nur nach seiner eigenen Art braut, wäre die falsche Wahl.” Mit einem kleinen Schwung beförderte er dann sein Gläschen über den Tisch direkt vor den Zwerg, der dann auch nicht zögerte und es voll bis zum Rand nachgefüllt auf die gleiche Weise zurück zu Kendrick schickte. “Ganz mein Geschmack!” Wobei Kendrick offen ließ ob er damit den Schnaps oder den bisherigen Gesprächsverlauf meinte.

Der Junker nickte ein wenig nachsinnend und füllte die Gläschen von neuem auf. Dann, nachdem er sie erneut verteilt hatte, war er sich offenbar einig, was die Herrschaften vor ihm benötigten. “Da ihr es so klar herausstellt, kann ich euch guten Gewissens nur einen Gorschafortbrumborim empfehlen, einen jener Angroschim, die die Berge verlassen haben und in Hügelhäusern leben. Ihre Siedlungen findet man vor allem am Angbarer See.” Kurz lachte Cendrasch auf. “Ein Vertreter der Groscha-roroxim-angrasch würdet ihr als stur bezeichnen und das ist zumeist untertrieben. Ich nenne sie gerne ‘Granitköpfe’. Außerdem ist ihr Bier zumeist… gewöhnungsbedürftig.” Der Junker beugte sich leicht über den Tisch vor und schaute verschwörerisch. “Ich bekomme heftigen Durchfall, wenn ich in Xorlosch oder Senalosch zu viel von diesem Gesöff trinke.” Erneut lachte Cendrasch, diesmal jedoch herzhaft und ausgelassen. “Zu den Gorschafortbrumborim muss ich jedoch anfügen, dass sie sehr friedliebend sind, gesellig und sehr… gefräßig. Und, ihr werdet nicht einen Angroschim bekommen, sondern mindestens die Familie.”

Erneut stürzte der Zwerg den Inhalt des Gläschens hinunter und schaute seine Gäste auffordernd an. Während diese ihre Behältnisse zu den Lippen führten hatte Cendrasch eine weitere Klarstellung zu verkünden. “Ich seid heute Nacht meine Gäste. Die Flasche ist noch fast voll und ich würde es als eine Beleidigung ansehen, solltet ihr sie nicht mit mir leeren, gerade wo wir uns doch noch gar nicht über gewisse Details- meinen Gewinn bei dieser Vermittlung, sollte sie zustande kommen, unterhalten haben. Und da ihr Menschen so unheimlich… unhandlich seid, wenn ihr besoffen seid, müsst ihr wohl hierbleiben.”

Das Angebot wurde dankend angenommen. Und um der Wahrheit die Ehre zu geben, hatten die Besucher aus Quellensprung auch damit gerechnet. Denn um eine andere Unterkunft hatten sie sich noch nicht gekümmert.

Der Abend verlief sehr entspannt. Ihr Gastgeber ließ sich nicht lumpen und es wurde reichlich aufgetischt. Einfache Kost, aber schmackhaft. Und natürlich gab es ausreichend flüssiges, um die feste Nahrung herunter zu spülen. Nachdem Kendrick klargestellt hatte, dass jede weitere Verhandlung auf den nächsten Tag verschoben werden müsse, widmeten sich alle dem Wildbret und Bier. Kendrick bestand auf sein Prinzip nach dem zweiten Krug nichts geschäftliches mehr besprechen zu wollen. Naturgemäß verursachte diese Aussage ein Stirnrunzeln bei Cendrasch, doch tat er diese Eigenheit seines Besuchs mit einem Schulterzucken ab. Morgen war ja auch noch ein Tag. Die Götter hatten vielleicht die Zeit erfunden, doch von Eile hatten sie seines Wissens nach nichts gesagt. Statt dessen erzählten Kendrick und Imke, die mehr und mehr auftaute, von Quellensprung. Und manchmal klang es dann doch schon fast wie ein Verkaufsgespräch, wenn sie über ihre Heimat schwärmten. Natürlich fiel die Begeisterung über die Küste und das Meer, das prägender Bestandteil des Lebens auf einer Halbinsel war, bei dem Zwerg auf wenig fruchtbaren Boden, doch half es Cendrasch bei der Entscheidung wen er später als erstes ansprechen würde, um einen Braumeister für Zibbenwinkel zu finden.

Beim Frühstück dann einigten sich beide Parteien auf einen angemessenen Preis für die Vermittlung eines Braumeisters. Den Gedanken eine ganze Zwergenfamilie nach Quellensprung zu holen fand Kendrick zwar anfangs wenig erbaulich, doch Ladron konnte ihn davon überzeugen, dass ein einsamer Mann in der Fremde selten glücklich würde. Und da dürften auch Zwerge wohl keine Ausnahme machen.

Ihr Gastgeber bat sich ein wenig Zeit aus, um ein paar Gespräche zu führen und Boten auszusenden, so dass ihnen der Rest des Tages zur freien Verfügung stand. Imke widmete sich der Erkundung der örtlichen Braukunst, während die beiden Männer die hiesigen Schmiede nach besonderen Klingen absuchten.

Als der Junker von Eisentann seine Gäste am frühen Abend erneut empfing, saß er wiederum in seinem Arbeitszimmer. Diesmal jedoch stand nur eine dampfende Kanne und irdene Gefäße auf dem Tisch. Es roch nach starkem Gewürztee.

“Nun”, eröffnete Cendrasch das Gespräch, nachdem er die Gästen aus Quellensprung gebeten hatte Platz zu nehmen und diese seiner Bitte nachgekommen waren. “Ich habe einen Boten auf den Weg ins Fürstentum Kosch geschickt. Aber so wie sich der Weg gestaltet, die Entfernung und die Straßen, wird es einige Zeit dauern, bis ich Antwort erhalte, noch länger, bis ich von mir hört.”

Der Junker erhob sich, um seinen Gästen einzuschenken. “Ich werde mir es nicht nehmen lassen euch persönlich aufzusuchen, um euch das Ergebnis meiner Bemühung zukommen zu lassen. Da ich noch nicht lange im Amt bin und bisher keine große Gelegenheit hatte Tobrien zu bereisen, werde ich die sich mir bietende Chance nutzen. Ehrlich gesagt habt ihr mich auch ein bisschen neugierig auf Quellensprung gemacht, ein wenig sogar auf das Meer.” Cendrasch zwinkerte. “Aber ich werde es mir nur aus der Ferne- aus sicherer Entfernung ansehen.


~*~


Teil 2- Reise nach Quellensprung

Anfang Rondra 1043 BF, Baronie Quellensprung

Einige Wochen nachdem die Gäste aus Waidbruch aufgebrochen waren, machte sich der Junker auf den Weg ihnen einen Gegenbesuch abzustatten, so wie es ausgemacht worden war. Cendrasch hatte zu diesem Zeitpunkt bereits Antwort auf seinen Brief erhalten und ging so zumindest im übertragenen Sinne nicht mit leeren Händen auf die Reise.

Nach Quellensprung begleiteten den Junker von Eisentann zwei seiner Waffenbrüder aus Zeiten, da er noch als Hauptmann des zweiten Banners der Fürstlichen Hellebardiere, der Orkentrutz gedient hatte. Das Zwillingspaar Gorm und Groth, Söhne des Grimmgax, mit geschulterten Doppeläxten, waren stets an der Seite ihres ehemaligen Hauptmanns.

Doch sie waren nicht die einzigen, die mit Cendraschs auf die Reise gingen. Hammer und Amboß, zwei Wehrheimer Bluthunde, die der Junker bereits kurz nach seiner Belehnung erworben hatte, begleiteten ihn ebenfalls.

Cendrasch schätzte die Tiere vor allem in jenen Momenten, da er durch die tiefen Wälder Eisentanns marschierte, oder gezwungen war unter freiem Himmel zu nächtigen. Nichts und Niemand konnte sich ihnen nähern, ohne dass die beiden Bluthunde davon Wind bekamen. Und wen sie nicht witterten, den hörten sie und schlugen an.

Das Wetter entlang ihrer Route gestaltete sich als dem Mond entsprechend recht milde. Es war Mitte Rondra, da Angroschim und Hunde die gut acht Tage mit Wandern verbrachten und sich dabei von Dörfern fernhielten. Cendrasch wollte so wenig Aufsehen erregen wie nur irgend möglich.

Ihr Ziel, der Ort Hagensmoor in Quellensprung erreichten die Zwerge am frühen Morgen. Cendrasch hatte an jenem Tag das Lager schon vor Sonnenaufgang abbrechen lasse, da die Hunde in der Nacht immer wieder angeschlagen hatten, weil neugierige Wölfe den Schlafenden zu nahe gekommen waren.

Es war der elfte Tag des Rondra. An sich kein besonderer Tag, doch es schien ihnen schon unterwegs, als wäre die gesamte Baronie auf den Beinen. Hagensmoor an sich hatte nicht viel zu bieten. Die kleine Burg derer zu Hagensmoor und ein Gasthaus, das Fiedlers Grün, waren schon alles. Offenbar lebten die Bewohner hier fast ausschließlich von der Arbeit auf der Burg und dem Gut des Vogts.

“Willkommen in Hagensmoor.” Vor den Reisenden stand eine großgewachsene blonde Frau deren wettergegerbtes Gesicht und zahlreichen Tätowierungen in einem krassen Gegensatz zu der gelborangenen Robe einer Traviageweihten standen. “Mein Name ist Fiana Swafnansdottir. Ich heiße euch im Namen Travias herzlich willkommen. Darf ich euch auf einen Willkommenstrunk einladen und im Gegenzug erzählt ihr mir was euch nach Hagensmoor führt? Wollt ihr euch eines der Möwengelage anschauen? Oder gar selbst daran teilnehmen?” Fiana lachte über ihren Scherz und wandte ihre Schritte gen Gasthaus. Mit einer einladenden Geste bedeutete sie den Neuankömmlingen ihr zu folgen.

Etwas verdattert blickte Cendrasch im Gehen nach links und rechts zu seinen beiden Begleitern, die die Bluthunde an kurzen Leinen führten, seitdem sie in Hagensmoor waren. Hammer und Amboß waren so viele Menschen nicht gewohnt und daher etwas nervös. Gorm und Groth jedoch zuckten nur mit den Schultern, was dem Junker wenig weiterhalf.

“Die gütige Mutter zum Gruße”, ergriff er daher kurzerhand das Wort. “Mein Name ist Cendrasch. Ich bin der Sohn des Chrysoprax und die schweigsamen Waffenbrüder an meiner Seite sind die Söhne des Grimmgax, Gorm und Groth”, stellte der Junker sie erst einmal vor. Man sollte ihm schließlich nicht nachsagen er besäße keine Manieren.

“Wir kommen aus Eisentann und wollen zu Kendrick von Hagensmoor. Ich habe Nachricht für ihn. Doch das kann warten. Ich habe lange im Kosch gelebt und achte die Gastfreundschaft eurer Göttin daher sehr.

Ich weiß zwar nicht was ein… Möwengelage ist, aber ich hoffe ihr werdet es uns erklären. Gern nehmen wir eure Einladung an eure Gnaden.”

Fiana ging mit langen Schritten voraus. Das “Fiedlers Grün” empfing die Gäste mit einem einladenden Duft. Eine Mischung aus Bier, angebratenem Fleisch und frischen Kräutern. In der Schankstube standen mehrere runde Tische mit jeweils 4 Stühlen. Die einzige Ausnahme davon war eine längere Tafel am hinteren Ende des Raumes. Die Traviageweihte ging zielstrebig auf den Tisch zu, der der Feuerstelle am nächsten war. Dort brannte ein gemütliches kleines Feuer. Nicht, dass die Temperaturen es erfordert hätten, aber ein Feuer erzeugte immer eine gewisse Gemütlichkeit, die sich durchaus in klingende Münze umrechnen ließ. “Kanne,” Fiana rief dem Wirt die Bestellung fast im Vorbeigehen zu. “Bring uns vier große Krüge Bier und für etwas Brannt.” “Für dich wie immer zwei Doppelte?” “Ja. Und zwar in einem Becher!” Letzteres Frage-Antwort-Spiel, war ganz offenbar ein kleines Ritual zwischen der Traviageweihten und dem Wirt. “Nun meine Freunde. Auf euer Wohl und ein schönes Fest.” Nachdem Fiana den Brannt zur Gänze und den Krug Bier zur Hälfte geleert hatte, lehnte sie sich wohlig zurück. Nicht ohne dem Wirt ein Zeichen für eine weitere Runde zu geben. “Ich sehe euch ein wenig ratlos. Offenbar seid ihr doch nicht wegen der Feiern hierher gekommen. Aber sei’s drum. Ich erkläre euch die Lage gerne. Und danach erzählt ihr mir dafür welcher Wind euch tatsächlich hergetrieben hat. Doch nun zu den Feierlichkeiten: Das Möwengelage ist ein traditionelles Fest. Es findet in jedem der Küstenorte am gleichen Tag des Jahres statt. Immer am zwölften Tage des Rondramondes. Am Tage vor dem Fest bestimmt das Los denjenigen jungen Mann, der ohne Hilfsmittel eine Möwe fangen muss. Diese wird dann über Nacht dann in ein kleines Fass gesperrt. Zum Fest wird dann dieses Fass an einem aufgehangen und die jungen Männer des Ortes müssen nun nacheinander mit einem Knüppel auf das schwankende Fass einschlagen. Derjenige, unter dessen Schlag das Fass letztendlich zerbricht und der bemitleidenswerten Möwe die Freiheit wiedergibt, darf sich dann auf Jahresfrist Herr der Möwen nennen. Und...” sie lächelte süffisant und fuhr nach einem ordentlichen Schluck Bier fort. “...erschwert wird das Spiel dadurch, dass den Jungen die Augen verbunden werden und die Mädchen des Dorfes Anweisungen brüllen wohin er zu schlagen hat. Wobei jede Maid ihren eigenen Favoriten unterstützt aber dessen Konkurrenten die Irre zu führen versucht.” Mit einem respektablen Rülpser beendete die Traviageweihte ihre Erzählung. “So, Jungs. Jetzt erzählt mal was ihr so treibt und wie ich euch helfen kann? Noch was zu trinken?”

Wiederum leicht verdattert, wusste Cendrasch nicht sogleich was er der Geweihten antworten sollte, die auf ihn durch ihr offenes Verhalten sehr wohl sympathisch wirke.

Dieses Fest aber, das seltsame Spiel rund um eine Möwe im Fass von dem sie ihnen erzählt hatte… die Idee war so… absurd. Oder war sie es nur für ihn als angehöriger einer anderen Rasse? Er war einiges gewohnt aus dem Kosch. Die Groscha- Fort- Brumborim, oder in der menschlichen Übersetzung die ‘Kinder des Friedens’ kannten ebenfalls viele Feste und vor allem viele Vorwände um zu feiern. Ein Möwengelage jedoch kannten sie nicht…

Der Junker schüttelte abwesend den Kopf. Kurz musste er sich sammeln. “Gern”, war das erste, was er hervorbrachte. “Gerne trinken wir noch eine Runde mit euch.” Cendrasch räusperte sich. Fiana indes schüttete ihnen nach.

“Also”, setzte der Angroscho dann erneut, wie bereits bei ihrem Kennenlernen zu einer Erklärung an. “Wir kommen aus Waidbruch. Das ist ein Wehrdorf im Junkergut Eisentann und liegt in der Baronie Speckfelden nah der Grenze zu Schwarztobrien.”

Kurz ließ er die Worte wirken. Sie hatten eine beträchtliche Strecke hinter sich gebracht. “Ich möchte mit Kendrick von Hagensmoor sprechen. Er kam vor einiger Zeit mit einer Bitte zu mir und ich möchte ihm nun meine Aufwartung machen. Könnt ihr uns zu ihm bringen, oder uns eine Unterkunft empfehlen und ihn benachrichtigen lassen?”

“Das lässt sich sicherlich einrichten. Wenn auch… wir uns erst einmal stärken müssen.” Mit wenigen Handbewegungen in Richtung Tresen gab Fiana offenbar eine weitere Bestellung auf. Und nur wenige Augenblicke später kam der Wirt mit einem großen Brett auf dem allerlei Speisen drapiert waren. Die Angroschim entdeckten verschiedene Sorten Wurst, Schinken, Käse und Äpfel, die bereits in Spalten geschnitten waren, sowie ein paar Scheiben kalten Braten. Ein Korb mit Brot durfte natürlich auch nicht fehlen.

Mittlerweile hatten sich noch ein paar Dorfbewohner in der Schänke eingefunden, die unverhohlen die Neuankömmlinge musterten. Zwei mutige kleine Mädchen näherten sich dabei zaghaft den Hunden. “Kanne.” Das war offenbar der Name des Wirts. Ein passender Name für den recht fülligen Mann. “Tu uns doch den Gefallen und schicke nach dem Vogt. Er hat Besuch aus…” Sie blickte fragend zu Cendrasch, doch dann fiel es ihr von selbst wieder ein. “...aus Speckfelden.” Zwischenzeitlich hatte die Wirtin den Kinder eine Schale mit Wasser und einen Napf mit Fleischresten in die Hände gedrückt und nun schlichen die Kinder vorsichtig und auf allen Vieren zu den Hunden.

Unweigerlich lächelte Cendrasch, als er zu den Kindern blickte, die sich den beiden Bluthunden mit gehörigem Respekt näherten.

“Keine Sorge, die beiden sind gut erzogen”, sagte er im gutmütigen Ton. “Solange ihr sie nicht ärgert, tun sie es mit euch auch nicht. Sie heißen Hammer und Amboß.” Bei der Nennung des jeweiligen Namens deutete der Junker auf das jeweilige Tier, welche zu Füßen seiner beiden Gefährten lagen. Was Cendrasch so sicher machte, dass die Hunde ruhig bleiben würden war, dass sie angeleint waren. Die Bluthunde waren gut erzogen und wurden erst gefährlich, wenn sie von der Leine gelassen wurden. Bellen ja, beißen nein, hatte man es ihm erklärt und so war es auch. Erst, als Hammer und Amboß sich gierig dem Inhalt der Schalen widmeten und dabei von den Kindern gestreichelt wurden blickte Cendrasch auf und sah wieder zu der Geweihten. “Ich bedanke mich erneut für eure Gastfreundschaft”, sagte er mit einem kurzen Blick auf das, was inzwischen auf dem Tisch stand.

Die Zwillinge Gorm und Groth trugen indes ein breites Grinsen zur Schau. Die Aussicht auf ein derart üppiges Mahl freute sie offenbar. Sie hielten sich aber noch zurück und warteten auf Cendrasch. Dieser schien jedoch für den Moment unschlüssig, ob er zugreifen sollte, oder ob die Etikette es wollte, dass er der Geweihten die Möglichkeit gab Worte des Dankes an ihre Göttin zu richten. Dies war nicht der Kosch, wo man vieles nicht so eng sah und Sitten und Bräuche mochten hier einfach anders sein.

“Euer Gnaden”, sagte er daher nach kurzer Pause respektvoll und dabei dennoch leicht verunsichert. “Wollt ihr noch ein Tischgebet sprechen”? “Travia, Hüterin von Heim und Herd, zu dir beten wir um Wärme in der Stube, Friede auf den Strassen und Friede in den Heimen. Wir wollen deine Gebote achten, auf dass die Häuser aller Treuen, warm erblüh'n und Ruhe spenden. Keiner soll heut' Nacht auf fremden Strassen wandern, keiner vor verschloss'nen Türen steh'n. Deine Wärme, deine Treue, soll'n jetzt einziehen in die Häuser und wohl nimmer weichen. Das wohl! Lasst euch schmecken.” Irgendwie hatten die drei Gäste etwas anderes erwartet, doch die Geweihte schien immer wieder für eine Überraschung gut zu sein. Ein von den Zwergen ausgerufenes, "So möge es sein!", erklang. Danach prostete man sich noch einmal zu und dann ließ sich keiner mehr lange bitten. Die Gäste hatten großen Hunger.

“Ich sehe Fiana hat sich schon gut um euch gekümmert.” Niemand hatte Kendrick von Hagensmoor den Schankraum betreten sehen, denn er kam mit Krug und Teller gewappnet direkt aus der Küche. Offenbar hatte der Vogt den Hintereingang benutzt. Mit dem linken Fuß zog er sich einen Stuhl an den Tisch, stellte Krug und Teller ab und klopfte zur Begrüßung mit den Knöcheln der rechten Faust zweimal kurz auf den Tisch. “Travia mit euch und einen gesegneten Appetit wünsche ich. “Hm, Kanne! Sag deiner Frau der Braten ist mal wieder eine Wucht. Wenn du ihrer überdrüssig wirst, dann lass es mich wissen. Ich nehme sie sofort mit auf die Burg.” “Nix da hoher Herr.” konnten sie umgehend eine weibliche Stimme aus der Küche hören. Wobei das ‘hoher Herr’ einen leicht spöttischen Unterton mit sich führte. “Wenn hier einer mal übrig ist, dann mein Nichtsnutz von Gatte. Den könnt ihr dann allerdings gerne mit zu euch auf die Burg nehmen. Als Drehkerl könnte er sich wohl noch eignen. Denn sich nutzlos im Kreise drehen beherrscht er auch mit geschlossenen Augen.” Der so Verhöhnte zog den Kopf in den Nacken und verschwand mit einer genuschelten Entschuldigung. Man hörte nur “‘tschuldigung… Stine… falscher Fuß… Verzeihung.” Und schon war der Mann verschwunden.

Nach dieser für die Zwerge leicht befremdlichen Darstellung der ‘Niederungen’ eines menschlichen Taviabundes nutzte Cendrasch die Gelegenheit den Vogt gebührend und respektvoll zu begrüßen. Auf den Grund des Besuchs kam der Junker derweil noch nicht zu sprechen, da er nicht wusste, ob ihr Gastgeber für dieses Thema nicht eine persönlichere Atmosphäre bevorzugen würde.

Der Rest des Abends verging wie im Fluge. Man tauschte sich über die Reise aus und was so rechts und links des Weges in Tobrien vor sich ging. Und natürlich wollten die Gäste mehr über dieses Möwengelage wissen. Lediglich als es darum ging, dass die Kinder so langsam in die Betten sollten, wurde es für einen Moment kritisch, denn die beiden bewiesen wahren Heldenmut als es darum ging ihren Eltern zu entgehen und sie tanzten eng um die Hunde herum, so dass Hammer und Amboß stets zwischen ihnen und den Erwachsenen blieben. Erst als Fiana aufstand und beide Rebellen am Kragen in die Höhe hob, die Beine strampelten dabei einen halben Schritt über dem Boden, kehrte Friede ein. Und man sah Cendrasch die Erleichterung an, denn die Hunde waren kurz davor gewesen dem Treiben auf ihre Art ein Ende zu bereiten. Fiana übergab die beiden Kinder, was beide mit einem finsteren Blick in Richtung Geweihte honorierten. “Nun ihr Herren, ich verabschiede mich ebenfalls. Ich wünsche eine gute Nacht und vielleicht sehen wir uns ja morgen zu einem kleinen Frühschoppen?!” “Daraus wird wohl leider nichts, meine Liebe. Ich werde unsere Gäste morgen nach Zibbenwinkel begleiten, um dort das Möwengelage zu feiern. Außerdem haben wir ja vor Ort auch noch etwas geschäftliches zu klären.” Mit einem Augenzwinkern blickte Kendrick hinüber zu Cendrasch. “Ach ja,” Fiana schlug sich mit der flachen Hand vor den Kopf. “Der Braumeister. Wie konnte ich so etwas wichtiges nur vergessen?” Der Junker indes bejahte die Feststellung Fianas mit einem Kopfnicken.

“Habt Dank für den schönen Abend, sowie Speis und Trank. Seid versichert, dass ihr mir in Eisentann stets ein willkommener Gast sein werdet”, verabschiedete sich Cendrasch daraufhin bei der Geweihten. Der Angroscho lächelte zufrieden. Einen so feuchtfröhlichen Abend hatte er lange nicht mehr erlebt. In Waidbruch, so nah an der Grenze zu Schwarztobrien, war die Bedrohung zu allgegenwärtig, als das man auch nur an derlei Vergnüglichkeit dachte. Satt, sichtlich angetrunken und mit der notwendigen Schwere gingen die drei Zwerge in die ihnen zugeteilten, wenn auch bedeutend zu großen Betten an jenem Abend. Bei Cendrasch mischte sich zu alledem allerdings auch die Sorge, dass in seiner Abwesenheit etwas in der Heimat passieren könne.

Am nächsten Morgen machten die kleine Reisegemeinschaft auf in Richtung Zibbenwinkel. Anfangs folgten sie noch der Hauptstrasse, die sie letztendlich bis zum nördlichsten Zipfel Quellensprungs, Feuerhafen, bringen würde. Doch nach etwa 7 Meilen erreichten die das kleine Rittergut der Zankenburg. Dort bogen sie nach links ab und ein schmaler Pfad brachte sie dann an ihr Ziel. Zibbenwinkel. Ein kleiner Ort am Meer mit etwa gut fünf Dutzend Einwohnern. Kendrick führte seine Gäste vorbei an den Häusern direkt an den Strand. Tief sog er die Seeluft ein, breitete die Arme aus, ließ sich schließlich in den weichen Sand einer Düne fallen. “Was sagt ihr? Ist das nicht herrlich?”

Alle drei Zwerge waren auf den letzten, vielleicht hundert Schritt immer stiller geworden. Ja darüber hinaus kam es dem Vogt sogar so vor, als liefen sie immer langsamer. In jenem Moment da sie dann den Scheitel der Düne erreicht hatten und das schier endlose Wasser- das Meer in Sichtweite kam, blieben sie geschlossen, wie vom Donner gerührt stehen. Ihre Münder öffneten sich im stillen Staunen, aber es war dabei auch sichtbares Unbehagen in ihren Mienen zu erkennen.

“Bei Angroschs Barte”, brachte Cendrasch schließlich hervor. “In Mendena habe ich seiner Zeit den Weg zum Kriegshafen nicht gesucht und war froh dem Meer fernbleiben zu können”, sprach er an den Vogt gewandt, jedoch ohne diesen anzusehen. Er konnte sich vom Anblick des allgegenwärtigen Blau nicht losreißen.

“Meine Einheit war bei den Kämpfen in der Vorstadt beteiligt, um die Erstürmung Mendenas vorzubereiten. Nachdem das gelungen war, war die Schlacht für mich beendet.” Cendrasch schüttelte ungläubig den Kopf. “Diese grenzenlose Weite wirkt zugegebenermaßen beängstigend auf mich.” Seine beiden Kameraden nickten energisch, auch sie fühlten auf diese Weise, während die Hunde offenbar keinerlei Abneigung dem Meer gegenüber verspürten und versuchten Gorm und Groth diese Richtung zu ziehen. Mit einem Klirren seiner Kettenrüstung setzte sich der Junker kurz darauf neben den Vogt. Er war ein wenig blass.

Seine beiden Begleiter entfernten sich daraufhin einige Schritt parallel zur Küstenlinie und ließen die Hunde von den Leinen, die daraufhin sogleich zum Wasser rannten und dort in der Brandung tollten. “Zumindest sie scheinen einem Bad nicht abgeneigt zu sein.” Der Junker schmunzelte bei dem Anblick und begann damit seine lederne Hose hochzukrempeln. Als dies geschehen war zog er sich auch noch die schweren, geschnürten Stiefel aus und meinte: “Einer der Gemeinen in Eisentann meinte es sei eine lohnenswerte Erfahrung einmal zu spüren, wie der feinen Meersand um die Füße gespült wird. Nun, ich werde es wohl gleich herausfinden. Begleitet ihr mich ein Stück?” “Um nichts in der Welt würde ich diese Einladung ausschlagen.” Während sich nun auch Kendrick seiner Stiefel entledigte fuhr er fort. “Es ist mir eine Ehre, dass ihr den Versuch wagt. Sicherlich für jemanden wie… also für einen Angroscho eine gewisse Herausforderung. Mir wäre es wahrscheinlich eine ähnliche Herausforderung solltet ihr mich in eine Zwergenbinge einladen. Hier die Weite und der endlose Horizont. Dort die Dunkelheit und Enge eines Berges. Aber genug davon. Man muss sich den Herausforderungen stellen wo sie einem begegnen. Und ich verspreche euch: Ihr werdet es in diesem Falle nicht bereuen!” Cendrasch grinste schief bei diesen Worten. Das, "eure Worte in des Weltenschöpfers Ohren", klang wenig überzeugt, dennoch schien er fest entschlossen seinen Plan in die Tat umzusetzen.

Die beiden Männer gingen gemeinsam den Strand entlang und von Zeit zu Zeit umspülte eine kleine Welle ihre Füße. Mit einem Male hielt Kendrick inne und ging in die Hocke. Er packte sich ein Algenbündel, hob es hoch, schüttelte es, hielt es gegen das Licht. Cedrasch beobachtet überrascht das Verhalten des anderen. Dann endlich “Ha! Phex ist mit uns.” Ohne weitere Erklärung ging Kendrick zum Wasser, offenbar spülte er etwas aus, das er verborgen in der Hand hielt. Und als er zurück kam tat er dann auch ein wenig geheimnisvoll. “Dein Besuch steht unter einem guten Stern. Phex und Efferd haben uns das eben bewiesen. Hier. Ein Geschenk der See an meinen Freund aus den Bergen!” Sprach’s und hielt Cendrasch einen fast drei Finger langen und einen Finger breiten gelblich scheinenden Brocken hin. "Das ist Bernstein, wir nennen ihn hier Amber. Man sagt den Steinen allerlei nach, doch für mich sind sie einfach nur schön. Das hier ist ein Prachtexemplar und du -äh- ihr würdet mir eine große Freude machen, wenn ihr das Geschenk annehmt.”

"Das Gold der Praioten…" sprach Cendrasch nachdenklich, während er das Kleinod, welches im Sonnenlicht goldgelb schimmerte, versonnen betrachtete. Der Zwerg war sichtlich fasziniert. Als der Junker dann nach einer Weile zu Kendrick aufsah zuckten seine Mundwinkel. "Gern nehme ich dies Geschenk an… Das heißt”, machte er eine kurze Pause, “wenn wir uns endlich wie Männer duzen können."

“Sehr gerne.” Und das erleichterte Lächeln ließ erahnen wie viel Mühe die formelle Ansprache den Vogt gekostet hatte. “Dann laß uns ins Dorf gehen und den Leuten bei den Vorbereitungen zusehen. Imke wird sich bestimmt auch freuen dich zu sehen.

Auf dem Rückweg nach Zibbenwinkel wurde es immer betriebsamer. An einem Baum in der Mitte des Dorfes hin schon der Strick, an dem später das Faß mit der Möwe hängen würde, und um den Stamm herum lehnte eine ordentliche Auswahl an Holzknüppeln. Die Sonne schien, es wehte eine leichte Brise von der See. Ein wundervoller Tag für ein Fest.

Der “Dun Buck” lag, wie es sich für eine Schänke gehört, in der Mitte des Dorfes. Die Männer hielten genau darauf zu, doch bevor sie das Haus erreichten, ging auch schon die Tür auf und Imke kam ihnen freudestrahlend entgegen. “Herzlich willkommen in Zibbenwinkel. Es freut mich, dass ihr es zum Möwengelage einrichten konntet. Kommt herein. Ich habe einen neuen Brauansatz gewagt und bin gespannt auf euer Urteil. Und Momme und Nele, das ist das Wirtsehepaar,” fügte sie mit einem erklärenden Blick für die Angroschim hinzu. “freuen sich auch schon sehr auf euch. Wusstet ihr, dass…” “Imke. Atme!” Kendrick lachte ob des Wordschwalls der jungen Frau. Die war plötzlich ruhig, wobei ihr dafür eine ordentliche Schamesröte ins Antlitz stieg. Kurz darauf saßen alle an einem runden Tisch im Dun Buck. Natürlich jeder mit einem Krug vor sich und ein Brett mit Wurst, Käse und Brot in der Mitte.

“Nun gut, Cendrasch. Dann lass mal hören, was du uns zu berichten hast.” Kendrick lehnte sich erwartungsvoll zurück, während Imke ihre Neugierde kaum noch zügeln konnte und vorgebeugt am Tisch saß. Die Augen gebannt auf die Lippen Cendraschs gerichtet.

Der Junker nickte nachdenklich, wie als müsse er sich sammeln. Seine Miene verriet derweil nicht, wie seine Antwort ausfallen würde. “Nun”, begann er schließlich das Wort in die länge ziehend. “Ich habe schlechte, aber auch gute Neuigkeiten.” Eine kurze Pause entstand. Dann zuckte Cendrasch mit den Schultern. “In Angbar lässt sich keiner der dort lebenden Angroschim dazu bewegen nach Tobrien zu kommen.” Er seufzte. “Die Groscha- Fort- Brumborim sind zu friedliebend und sippenverbunden, als dass sie einerseits ihre Heimat aufgeben, andererseits in ein Land ziehen würden, dass noch so viele Gefahren bereithält wie Tobrien.” Der Junker schürzte die Lippen. “Aber”, eilte er sich anzufügen. “Ich habe wie bereits gesagt auch eine gute Nachricht. Diese erreichte mich aus Isnatosch, dem Bergkönigreich Eisenwald in den Nordmarken.”

Wieder entstand eine kleine Pause. “Ich habe einige Freunde im Isenhager Garderegiment Ingerimms Hammer, unter anderem lernte ich vor Mendena ihren Oberst kennen. Dwarosch, der Sohn des Dwalin ist ein ausgesprochener Kenner was jedwede Art von Bier betrifft.” Cendrach lächelte. “Auch ihn erreichte eine meiner Briefe, die ich nach Senalosch schickte, der Hauptstadt Isnatoschs, die man die letzte Festung nennt. Dort gibt es ein Gasthaus, das sich in Anlehnung an die in der gräflichen Vogtei Nilsitz legenden Trolle ‘der betrunkene Schrat’ nennt. Zufällig ist einer der dort arbeitenden Braumeister ein Veteran des Regiments, der nach dem Kampf gegen die abtrünnigen Albernier den Dienst quittierte. Nun, was soll ich sagen, eben jener scheint noch immer etwas Abenteuerlust zu besitzen, denn nach Aussage von Dwarosch habe er nicht lange gezögert und zugesagt rasch aufzubrechen. Er wird alleine kommen, aber direkt zu euch.

Atosch gehört, wie ihr euch sicher bereits gedacht habt, dem Volke der Groscha- roroxim- angrasch an, ist also kein Kind- des- Friedens. Dennoch versteht er sich darauf Bier zu brauen, dass für den menschlichen Gaumen wohlschmeckend ist. In der oberirdischen Siedlung von Senalosch leben ebenso viele Menschen wie Angroschim müsst ihr wissen. Und der Schrat ist bei beiden Rassen beliebt. Der Sohn des Artoglom wird wohl aber besonders wegen seines dunklen, malzigen Bieres gerühmt."

Mittlerweile war es voll geworden im Dun Buck. Offenbar belohnten sich die Dörfler nach getaner Arbeit erst einmal mit einem ordentlichen Schluck aus den Fässern. Imke schaute gespannt auf die Reaktionen, die durchaus gemischt ausfielen. Den meisten schmeckte das Bräu wohl, doch es war auch deutlich zu vernehmen, dass das allseits beliebte Tribuck, ein dreifach gebrautes Starkbier, vermisst wurde. Imke war den Tränen nahe. “Und dabei war ich mir so sicher…” Die drei Gäste aus Eisentann hingegen ließen sich nichts anmerken. Das Lob über das Bier fiel zwar eher höflich und zurückhaltend aus aber gänzlich ungenießbar schien es dann auch nicht zu sein. “Das sind doch gute Neuigkeiten. Alles in Allem. Dann freuen wir uns doch auf unseren neuen Braumeister in Zibbenwinkel.” Kendrick winkte Momme herbei, der auch sofort herbei eilte. Allerdings hatte er das Zeichen des Vogts wohl missdeutet, denn er kam mit fünf neuen Krügen Bier zum Tisch. Als er hörte, dass in Bälde mit einem neuen Braumeister zu rechnen wäre konnte er gar nicht aufhören zu grinsen. “Und dir wird er noch den letzten Schiff beibringen, Imchen.” Imke war dabei deutlich anzusehen, dass sie schwankte zwischen Vorfreude auf einen neuen Lehrmeister und dem verletzten Stolz. Nur zu gerne hätte sie das Erbe ihres Vaters allein fortgesetzt. “Also ist es abgemacht. Atosch, Sohn des Artoglom wird der neue Braumeister des Dun Buck. Momme, du stehst mir dafür ein, dass er eine ordentliche Bleibe bekommt und sein Lohn gerecht verhandelt wird. Mir ist es eine Ehre die Dienste von Cendrasch zu entlohnen. Immerhin profitiert ja ganz Quellensprung davon, wenn es endlich wieder ein zünftiges Starkbier aus Zibbenwinkel gibt. Und jetzt lasst uns feiern und schauen wer in Zibbenwinkel der neue Herr der Möwen wird.

Und die Zwerge langten kräftig zu. Sie tranken und aßen jeder für mindestens zwei. Man merkte, dass die Teller und Becher in Waidbruch, so nah an der Grenze zu Schwarztobrien, nicht so häufig derart reich gefüllt waren, wenn sie es denn überhaupt einmal taten.

Es wurde gezecht, ausgelassen gelacht und als die drei Angroschim dann sogar ein Lied aus ihrer Heimat- Tosch Mur unter dem Amboß anstimmten, sollte der Abend, oder vielmehr die Nacht für alle Gäste der Schänke unvergesslich werden.

~*~

Der Aufbruch nach Eisentann am kommenden Tag stand dann nur noch die Verhandlung des Preises für Cendraschs Dienst- der Vermittlung des Braumeisters im Wege. Das hieß die Verhandlung und der ausgewachsene Troll, der unverfrohren auf Cendraschs Kopf eindrosch. Oder saß er in seinem Kopf? Bei Angroschs gigantischen Klöten, er war einfach aus der Übung. Das Dasein eines Junkers bot viel zu selten Gelegenheit einen über den Durst zu trinken. Vielleicht aber lag es auch nur an der Lage seines Lehens, man lebte ja schließlich in ständiger Bedrohung. Ja, dass musste es sein. Er konnte in Waidbruch einfach nicht guten Gewissens trinken. Dem Troll und dem vielen Spaß des vergangenen Abends war es geschuldet, dass Cendrasch keine sonderlich großen Ambition hatte, was das Feilschen um seine Entlohnung betraf. Schnell und ohne viel hin und her einigte man sich auf zwanzig Goldmünzen, wofür der Junker dankbar war. Kendrick machte überdies aber auch nicht den Eindruck noch Berge versetzen zu wollen an dem Tag. Er war ein wenig blass um die Nase, stellte Cendrasch fast mit ein wenig Genugtuung fest, denn damit sah er so aus wie er sich fühlte. Mit diesen Gedanken machten sich die Zwerge geschlossen wieder auf den Heimweg, nicht jedoch bevor man sich gebührend herzlich verabschiedet hatte. Es war eine schöne Reise gewesen, doch bedeutender war, Cendrasch glaubte einen Freund gewonnen zu haben.

~Ende~