Apfelfest

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Strandgut – Nachrichten aus Quellensprung

Das Apfelfest zu Hagensmoor


Quellensprung im Efferd 1043 BF

Wie in einem Bienenstock sah das Dorf Hagensmoor von hier oben aus. Vogt Kendrick stand im oberen Stock seiner Motte und blickte herab auf das rege Treiben. ‘Nein, kein Bienenstock’ korrigierte er sich selbst. ‘Eher ein Ameisenhaufen!’ Von hier oben war keine Ordnung zu erkennen wie die Frauen wie Männer volle Körbe herum trugen, Fässer wurden gestapelt, Tische aufgestellt und sogar eine kleine Bühne sollte es in diesem Jahr geben. Eine Gauklertruppe hatte sich angemeldet und würde das morgige Apfelfest mit Artistik und Jonglage unterhalten.

Wie immer würden aus der Umgebung noch einige Gäste anreisen, doch da das Apfelfest überall in der Baronie gefeiert wurde, würde sich der Andrang in Grenzen halten. Nun ja, Kendrick hatte die Söldner des Sturmbanners aus Feuerhafen eingeladen. Die würden wahrscheinlich zumindest für einen kurzen Besuch vorbei schauen. Doch auch für weitere Besuche wäre das Dorf vorbereitet. Eine große Scheune, die momentan leer stand, diente zur Zeit als Lagerraum, man könnte sie aber auch mit wenig Mühe in ein Quartier umwidmen.

Kendrick ließ den Blick weiter schweifen und blickte über das Dorf hinweg über die Weite seines Landes. Gen Praios konnte der den Großen Kolk, den größten See der Baronie, erkennen. Dann blickte er nach Efferd würden seine Augen mögliche Gäste von auswärts erkennen, die von der Hauptstraße abgebogen wären und sich Hagensmoor näherten. Und sah er da nicht etwas? Vielleicht waren es die Gaukler?!

~*~

Es kam tatsächlich jemand des Weges geritten, aber so näher die Person kam war sich Kendrick sicher, dass Sie nicht zu den Gauklern gehörte. Sie trug eine schwarze Robe auf der ein weißer Rabe mit ausgebreiteten Flügeln zu sehen war, die Gugel war tief ins Gesicht gezogen. An dem Fuchs waren neben Satteltaschen und der üblichen Reiseutensilien wie Decke usw. noch ein Fass und einige Beutel befestigt. Als sie die Ortschaft fast erreicht hatte stieg sie ab, nahm sie ein Stab, der seitlich am Sattel befestigt war und stütze sich beim Gehen darauf, während sie an der anderen Hand ihr Pferd am Halfter führte. Jetzt waren auch neben den gestickten Verzierungen an der Robe noch aufgenähte weiße Bänder an den Ärmeln zu erkennen. Kendrick war sich nicht sicher was er von dieser Person halten sollte, zumal er nicht mal sicher sagen konnte ob es sich um eine Frau oder einen Mann handelte. Sicher war nur, dass es Ihm kalt den Rücken runter lief, ein Diener/in des Herrn Boron einen Tag vor dem Fest bedeutet nichts Gutes.

Tharna hatte den Abzweig gefunden nach Hagensmoor und die Ortschaft tauchte langsam vor ihr auf, etwa ein viertel Stundenglas und sie hatte Ihr Ziel erreicht. Ihr Bein schmerzte mal wieder fürchterlich und sie war froh sich ausruhen zu können und ihr Bein hoch zu legen. Bevor sie die ersten Häuser passierte stieg sie ab um ihr Pferd zu führen. Sie war froh ihren Stab mitgenommen zu haben, er entlastete ihr Bein schon sehr beim Gehen. Sie schob ihre Gugel in den Nacken und befreite ihre langen weißen Haare daraus, sie waren zum Teil geflochten wie bei den Seefahrern aus dem Norden aber ihr Gesicht war eher einer Südländerin. Sie richtete ihre Haare und klopfte ein wenig den Staub aus ihrer Robe und achtete auf den korrekten Sitz, sollte einen guten Eindruck hinterlassen wenn sie zu Besuch in der Nachbarschaft war und noch zu diesem Anlass. Sie schaute nochmal an sich herunter, es saß alles korrekt und so setzte sie den Weg ins Dorf weiter fort. Durch das  emsige Treiben für die Vorbereitungen des morgigen Tages wurde kaum Notiz von ihr genommen, die wenigen die sie erblickten schauten verängstigt zu Boden und schritten schnell vorbei. Tharna begegnete Ihnen mit einem sanften Lächeln und einem freundlichen Nicken. Ihr war klar das ihre Erscheinung durch ihr Kleidung und ihr Aussehen den Menschen Angst machte. Sie hoffte das durch einige Gespräche, freundliche Gesten und friedvolles Lächeln zu ändern.

Mit gemischten Gefühlen stieg Kendrick die Treppen hinab, um den Gast zu begrüßen. Bislang waren Besuche in Quellensprung eher die Seltenheit gewesen. Doch in diesem Jahr hatte er ein paar Boten in die Nachbarbaronien entsandt. Es war an der Zeit sich ein wenig bekannt zu machen. Auf der einen Seite war er sicherlich neugierig wer da alles seiner Einladung folge leisten mochte, doch andererseits… “Sei’s drum.” murmelte er zum wiederholten Male vor sich hin und schritt der Gestalt entgegen. “Willkommen in Hagensmoor!” begrüßte der die Frau. Eine seltsame Erscheinung, gewisslich, doch machte sie einen freundlichen Eindruck. Irgendwie. “Mein Name ist Kendrick von Hagensmoor und ich freue mich dich zu unserem Fest begrüßen zu dürfen. Mit wem habe ich die Ehre?”

So in den Gedanken versunken bemerkte Tharna die Person die auf sie zukam erst recht spät. Von seiner Kleidung her schien er jemand zu sein, der hier was zu sagen hat. Nach seinen freundlichen Worten verneigte sie sich vor Ihm, “Ich bedanke mich für die freundliche Begrüßung euer Wohlgeboren!” Nachdem sie sich wieder aufgerichtet hatte, schaute sie Ihn direkt an mit ihren weißen Augen und einem sanften Lächeln, “Meine Name ist Schwester Tharna be Hana Bellentor, bin aus Ilsur angereist um Eurem Apfelfest am morgigen Tag beizuwohnen wenn Euch recht erscheint, Herr !”

Diese Augen. Es fiel Kendrick sichtlich schwer nicht zu starren. Er hatte schon einiges erlebt und gesehen aber diese weißen Augen ließen ihm einen Schauer über den Rücken laufen.

“Folge’ mir. Ich denke wir werden eine Unterkunft für dich finden und für dein Pferd soll auch gesorgt sein.” Er ging neben Tharna her zum Wirtshaus und hieß Kanne, den Wirt, ein Zimmer bereiten. “Ich denke hier solltest du dich wohl fühlen. Aber nun lass uns erst einmal etwas trinken und du erzählst mir von Ilsur. Und natürlich interessiert es mich was dich hier zu uns treibt. Wie hast du von unserem Fest erfahren?”

Als sie mit dem Humpen aneinander stießen und beim zuprosten wäre Tharna fast ein `Hoch auf den nächsten der stirbt` heraus gerutscht, so nickte sie nur freundlich ihrem Gegenüber zu. “Danke für die freundliche Aufnahme hier in Eurer Ortschaft. Ich bin auf dieses Fest aufmerksam geworden als ich mit Freunden in der Wolfsstube, einem Gasthaus in Ilsur saß und sie mir von diesem Feste erzählten. Mein Anliegen ist es Verbindungen zu knüpfen um mir ein Bild von dem zu machen wie sehr der Krieg in Tobrien seine Spuren hinterlassen hat. Herauszufinden was von Nöten ist um zu helfen, dieses schöne Land wieder zu dem zu machen was es einst war, nur diesmal mit helfender Hand, Güte und Zuversicht und nicht mehr mit Rüstung und Schwert in der vordersten Schlachtreihe beim Sturmbanner.” Tharna nahm einen weiteren Schluck aus dem Humpen bevor sie weiter sprach, auch musste sie sich ein wenig beruhigen das sie merkte das ihre Hände wieder leicht zitterten. “Nach der Befreiung von Mendena zog ich mit meinem Lebensgefährten nach Ilsur um uns ein neues Heim zu errichten. Einige Erwachsene und Kinder die in Mendena alles bis auf ihr Leben verloren hatten zogen mit uns und wir zusammen schafften es in den letzten knapp 3 Götterläufen ein neues Heim zu errichten. Ein wunderschönes Gasthaus mit Stall, eine Tischlerei, zwei Wohnhäuser und ein Kinderheim für die Kleinsten und Schwächsten in unserer Mitte. Eine Magisterin aus Tuzak und gute Freundin leitet das Heim und dafür bin ich jeden Tag dankbar, dafür das die Zwölfe uns dieses Haus haben errichten lassen, trotz allen fürchterlichen Umständen und Entbehrungen. Von der gelehrten Dame stammen auch die Sachen die ich für euer Fest mitgebracht habe, Brote, Käse, Aufstrich und ein Fass mit Brand.” Tharna erhob ein weiteres Mal den Humpen und hielt ihn Kendrick entgegen, “auf unser schönes Land und das Lächeln der Kinder!” Diesem Trinkspruch konnte Kendrick nur zustimmen und hob ebenfalls seinen Humpen. “Wenn du beim Sturmbanner warst, dann ist dir ja sicherlich bekannt, dass ich ein paar von euch hier in meiner Baronie unter Kontrakt habe. Sie sind normalerweise im Norden, in Feuerhafen, doch ich denke mal, dass sich ein paar von deinen Kameraden zum Fest hier blicken lassen werden. Zumindest habe ich sie eingeladen. Aber jetzt entschuldige mich. Ich muss mich noch um ein paar Dinge kümmern. Wir sehen uns morgen zum Fest.”

Tharna stand auf während sich der Vogt verabschiedete und zum Gehen bereit machte. “Es ist mir eine Ehre Euch kennengelernt zu haben, Herr. Ich freue mich auf das Fest am morgigen Tage und wenn noch ein paar Söldner vom Sturmbanner erscheinen wäre es für mich eine große Freude. Bis Morgen Herr.“ Kendrick nickte freundlich und ging. Tharna wartete bis er gegangen war bevor sie sich wieder niederließ. Sie nahm ihren Humpen richtete ihn in Richtung Alveran, “Auf die Kameraden!”.  Ein Lächeln erhellte ihr Gemüt und das zittern ihrer Hände wurde schwächer, sie genoss die Stille die sie umgab. Trotz dass sie eine Geweihte der Herrin Marbo war, konnte sie ihre Vergangenheit als Söldnerin, trotz dass es schon einige Götterläufe her war, nicht ablegen und so schwer die Zeit auch war es war immer noch Familie und daran würde sich nie was ändern. Ihre Gedanken waren gerade bei Iberius, es war Ihm hoch anzurechnen dass er nach dieser Schlacht um Mendena weiter gemacht hat um das Banner wieder aufzubauen. Abermals erhob sie ihren Humpen “Auf Dich mein Freund, werde für Dich da sein wenn immer Du mich brauchst !”.

~*~

“Oh je, ich glaube, wir sind bald in Quellensprung.” Turijan runzelte die Stirn und sah leicht missbilligend zu seiner Tante hinüber, die neben ihm ritt. Idane von Gernotsborn blickte zu ihrem Neffe herüber, und musste lachen als sie sein verkniffenes Gesicht sah. “Tatsächlich hast Du recht - dort vorne, die paar Häuser auf der linken Seite, das ist Hagensmoor, der erste Weiler der zu Quellensprung gehört. Und wenn man es sich einbildet, kann man am Horizont schon die Gischt in der Luft sehen und,” sie streckte kurz die Zunge leicht heraus, “sie schmecken.” Turijan schüttelte den Kopf und äußerte sich nur lakonisch: “Juhu.” “Es war höchste Zeit, Dich endlich mehr aus den Trollzacken heraus zu bekommen.” Idane schüttelte den Kopf, “kein Wunder, dass Galana Dich geschickt hat. Und - “ sie hob abwehrend die Hand als ihr Neffe anhob, zu widersprechen, “da hat auch die Zeit in Waldmarkt nicht viel geholfen. Es ist wichtig, dass wir Dich mal ein wenig unter Leute bringen und zusehen, dass wir Dich… mit anderen befreunden…” Etwas verdrossen zog Turijan die Lippen zusammen, erwiderte aber nichts. Idane freute sich auf das Apfelfest, und sie freute sich, zurück nach Quellensprung zu kommen, das sie immer besonders an Delo erinnerte - und daran, wie Quellensprung, nun ja, dazu geworden war, was es heute war…  “Ich halte Eure Entscheidung, hierher zu kommen, für eine gute,” warf Beranja, ihre Dienerin, ein und lächelte dem jungen Edlen aufmunternd zu, “Wenn Ihr nicht ein wenig Frohsinn und Zuversicht mit Euch führt, dann weiß ich auch nicht.” Idane lachte, “Irgendjemand muss sich ja darum kümmern.” Kurz wurde sie etwas ernster. “Es geschehen genug trübsinnige und traurige Dinge - immer noch. Aber die passieren von alleine. Also können wir getrost unsere Energie darin investieren, für schöne Dinge zu sorgen.” Beranja nickte beflissen und Turijan verzog erneut das Gesicht, als hätte er in einen sauren Apfel gebissen. Die dritte Frau, die etwas hinter ihnen ritt, war im Gegensatz zu ihnen sichtbar gerüstet - sie trug neben einer leichten Rüstung und Beinschienen auch ein Schwert an ihrer Seite. Ein mit grauen Strähnen durchzogen Zopf hing ihr unter einer grünen Haube bis auf dem Rücken und auf der Satteldecke des Rosses war das Wappen Schwürzhofens zu erkennen. Sie betrachtete fast schon amüsiert den Widerwillen des jungen Edlen beim Anblick des Ortes vor ihnen. Sie hatte nicht lange überlegen müssen die Witwe des früheren tobrischen Kanzlers zu begleiten als diese vorgeschlagen hatte Quellensprung zu bereisen. Auch sie war lange schon nicht mehr hier gewesen und tauschte die Gesellschaft des Hofes und des tobrischen Prinzen nur zu gerne gegen ein paar Tagen in anderer Umgebung ein. Zudem es sie freute hierbei nicht nur Idane informeller begegnen zu können sondern auch einen Bruder treffen zu können der ihr nicht durch Geburt sondern Bund gegeben wurde. Wie zufällig Strichen ihre Finger über einen Beutel mit einer Kastanie.

~*~

Adginna von Binsböckel und Jodokus von Baernfarn hatten sich an einem Tisch vor der Taverne Fiedlers Grün niedergelassen. Der ergrauten Binsböckel und dem fast noch jugendlichen Vetter ihres Schwagers gefiel die Erholung in dem rauen und doch schön anzusehenden Landstrich nördlich von Mendena. Immerhin, das Apfelfest wollten die beiden Reisenden aus der Mark Rommilys noch erleben - nachdem der Markt zu Mendena nicht die Erwartungen beider erfüllt hatte. Weder die geschäftlichen noch die dynastischen.

Die Altbaronin von Schlotz und der junge Stadtadelige und Kaufherr aus Rommilys hatten die Reise nach Tobrien unternommen, um in Mendena Handelskontakte zu knüpfen, die durch Krieg und Katastrophen unterbrochenen Beziehungen in die Provinz am Perlenmeer wieder zu beleben und letztlich auch in der Hoffnung, dynastische Verbindungen eingehen zu können. Der Markt zu Mendena, so hatte man gesagt, wäre hierzu ein geeigneter Ort. Doch zumindest was das belangte, war der Markt eine Enttäuschung gewesen. Offenbar war die leidgeprüfte östlichste Provinz des Reiches noch nicht das beste Pflaster, um neue Bande zu knüpfen. Immerhin, ein paar Handelsverträge hatte der Jodokus von Baernfarn an Land gezogen. Nichts großartiges, aber wenigstens war die Reise nicht ganz umsonst gewesen. Aber Jodokus hatte sich mehr erhofft von dem Versuch, die Handelsroute von Rommilys über Gallys und Altzoll ins Tobrische wieder zu beleben und der Seeroute über das Perlenmeer und den Darpat aufwärts Konkurrenz zu machen. Zuletzt hatte Jodokus der Altbaronin vorgeschlagen, zum Abschluss der Reise einen Abstecher nach Quellensprung zu machen - nicht nur das Apfelfest lockte, vielleicht konnte man auch mit dem hiesigen Baron darüber reden, ob der Handel mit Bernstein (davon sollte im nahegelegenen Amberstrand ja einiges zu finden sein) interessant wäre für sein Handelskontor.

Der Stadtadelige und die Schlotzer Baronswitwe bestellten sich also erst einmal einen guten Apfelwein und ließen ihren Blick über das Dorf schweifen.

Es herrschte ein munteres Treiben im Dorf. Während die Erwachsenen sich mehr um die Organisation zu kümmern schienen, oblag es der Jugend sich um die schwere Arbeit zu kümmern. Tische wurden aufgebaut und Sitzgelegenheiten zusammen gezimmert. Eine kleine Bühne entstand gleich gegenüber des Fiedlers Grün, was versprach, dass es neben Speis und Trank auch Kurzweil zu bewundern geben würde. Just als sie sich darüber austauschten und allerlei Vermutungen um was es sich dabei handeln würde die Runde machten, kam ein kleiner Tross in das Dorf gerollt. Ein alter Gaul zog den einachsigen Planwagen, der mit bunt gemalten Bildern Akrobaten und Tänzerinnen auf der Plane erkennen ließ, dass es sich hier um eine Gauklertruppe handelte. In großen Lettern war dort K.G.I.A. zu lesen. Kaum in der Dorfmitte angekommen sprangen ein paar Gestalten vom Bock und aus dem Wagen hervor. Ein schlanker durchaus als gut aussehend zu bezeichnender Mann ließ drei Bälle in der Luft tanzen. Eine leicht bekleidete Frau schwenkte ein Tamburin und ließ ihre Hüften im Takt kreisen. Und ein kleiner drahtiger sehr exotisch aussehender Jüngling vollführte etwas, dass wie etwas zwischen Tanz, Akrobatik und -ja- Kampfkunst anmutete. Als Vierter im Bunde saß noch ein Zwerg auf dem Kutschbock, der von dort oben auf einem Stück Süßholz kauend erst einmal die Szenerie betrachtete. Der Jongleur bewegte sich zu den Zuschauern vor dem Wirtshaus, ließ in Anbetracht der anwesenden Damen die Bälle achtlos fallen und stellte sich mit einer übertriebenen Verbeugung vor. “Schönheiten des Nordens. Ich erstarre vor eurem Liebreiz. Doch nun, da ich meine Sprache wiedergefunden habe, erlaubt mir mich euch vorzustellen. Man nennt mich Jharyt al Conel. Meine Freunde und ich haben den langen Weg gewagt, um hier, nur für euch, eine Vorstellung zu geben. Wir sind, in aller Bescheidenheit, die berühmten, weitgereisten und mit allen Wassern gewaschenen Kaskadeure der K… G… I… A…! Die KÖNIGE der GAUKLER - IKANARIAS ADEPTEN.” Die letzten Worte sprach Jharyt nicht allein. Wie auf Kommando stimmten seine Gefolgsleute mit ein, so dass der Name der Truppe laut und weit durch das Dorf schallte.

~*~

Der letzte Besuch in Quellensprung war noch gar nicht lange her, als Cendrasch, in Begleitung seiner kleine Bedeckung, dem Zwillingspaar Gorm und Groth, den Söhnen des Grimmgax, sowie der beiden Bluthunde Hammer und Amboss nun erneut dort ankamen.

Der Zwerg hatte lange überlegt, was er Kendrick als Gastgeschenk mitbringen könne, bis ihm zwei Brüder aus dem Amboss, die eine Lieferung Werkzeug nach Waidbruch brachten, diese Entscheidung abnahmen. Sie hatten dem Junker ein kleines Fässchen Beerenschnaps mitgebracht, ein hochprozentiger Garant für ausgelassene Stimmung und lose Mundwerke. Was gab es da also noch lange zu überlegen?

Das kleine Fass jedenfalls hatten sie wie einen Barren Toschkril gehütet auf ihrem Weg gen Rahja und das Pony, welches die Last trug, niemals aus den Augen gelassen.

Doch noch andere Gedanken, als die Frage ob dies Gastgeschenk unter menschlichen Adligen, deren Gesellschaft Cendrasch noch immer fremd anmutete, passend wäre und Anklang finden würde, beschäftigte den Sohn des Chrysoprax. Der Junker hoffte zudem, dass der Braumeister, den er Kendrick erst vor kurzem vermittelt hatte, gute Dienste verrichtete.

Atosch, war zuvor im 'betrunkenen Schrat' angestellt gewesen, einem unter Erzzwergen berühmten Gasthaus in Senalosch, der Hauptstadt des Bergkönigreiches Eisenwald, oder wie sie selbst schlicht sagten Isnatosch. Atosch, so der Name jenes Braumeisters, war über eine weitere Ecke vermittelt worden. Sein Freund, der Oberst des Eisenwalder Garderegimentes 'Ingerimms Hammer' Dwarosch, groscho Dwalin, hatte Cendrasch den Veteranen empfohlen, der nach der Quittierung seines Dienstes als Soldat seiner anderen Leidenschaft, dem Bierbrauen nachging, dabei jedoch die Abenteuerlust noch nicht zur Gänze abgelegt hatte.

Vielleicht würden sie ja bereits einen Humpen kosten können, der seiner Handwerkskunst und dem Abschmecken seines Gaumens zu verdanken war. Das jedenfalls wäre ein nach Cendraschs Empfinden eine äußerst befriedigender Ausgang seiner Bemühungen im Namen des Vogts von Quellensprung.

Namentlicher Vogt sog tief die Luft des herannahenden Abends in die Lungen. Was hatte er nur getan. Botschaften und Einladungen zum Apfelfest in der Nachbarschaft zu verteilen. Und was geschah nun? Von überall kamen Besucher und jeder wollte natürlich begrüßt werden. Und natürlich mit einem obligatorischen Begrüßungstrunk. Kendrick war nur froh, dass die Gaukler ganz offensichtlich keinen zu starken Drang hegten, sich ihrem Auftraggeber aufzudrängen. Aber es hatte auch nicht lange gedauert, dass sich die Gaukler gut unter den Schaulustigen verteilt hatten und jeder sich auf seine Art mit Lebensnotwendigem versorgte. Der Zwerg erzählte Geschichten, nicht ohne sich von den Zuhörern ordentlich die Kehle schmieren zu lassen. Der Gaukler hatte gleich zwei Dorfschönheiten an den Armen und das Trio verschwand gerade in einer der Scheunen. Die Tänzerin hingegen wehrte beständig die tumben Annäherungsversuche junger Burschen ab, während der Dunkelhäutige etwas abseits saß und Essen in sich hinein schaufelte.

Kendrick wollte gerade in seinem Turm verschwinden als er die nächsten Neuankömmlinge bemerkte. Ihm blieb keine Möglichkeit zur Flucht, die er angesichts des Junkers Cendrasch hätte eventuell gerne ergreifen wollen. Wusste er doch, dass es nun um den Abend, seine noch in gewissem Maße vorhandene Nüchternheit und wohl auch um einen nicht unerheblichen Teil der kommenden Nacht geschehen war. “Kendrick. Wie schön dich gleich hier zu treffen.” Cendrasch klopfte dem neuen Freund auf den Arm und zog ihn schon in den Grünen Fiedler.

Dort erst einmal angekommen sollten sich seine 'schlimmsten Vorhersagen' bewahrheiten - nein noch übertroffen werden. Die drei Angroschim, der Junker von Eisentann im speziellen, waren derart durstig, dass der Wirt bei den ersten drei Runden gar nicht hinterher kam die Bierhumpen zeitnah wieder zu füllen. Das Cendrasch dann aber auch noch drauf bestand, dass man zu jedem Bier noch einen Beerenschnaps trinken müsse, der wohl aus den waldigen Ausläufern des Ambossgebirges stammen musste, wenn Kendrick das richtig verstanden hatte, sollte dem Edelmann bei Zeiten 'in die Knie zwingen'. Zumindest hatte er recht bald schon kein Bedürfnis mehr von seinem Stuhl aufzustehen, musste er doch fürchten der Boden unter seinen Füßen würde allzu sehr schwanken.

Doch erging es dem zwergischen Junker da tatsächlich nicht viel anders. Den langen Weg nach Quellensprung in den Knochen und ohne an diesem Tag wirklich viel gegessen zu haben, erhielt seine Stimme bald schon einen lallenden Klang. Cendrasch indes störte das nicht. Er freute sich anscheinend sehr Kendrick wiederzusehen und hatte darüber hinaus viel zu erzählen.

Und als sich dann auch noch Atosch, der Braumeister höchstselbst zu den Feiernden gesellte und mit trank, war auch bei Kendrick jeder Gedanke an Zurückhaltung vergessen und der der Abend wurde zu einer langen Nacht, welche erst enden sollte, als bereits das rot am Horizont von einem neuen Tag kündete.

Apropos Vergessen - dies Wort würde Kendrick wohl immer mit diesem Abend verbinden. Vieles andere indes lag unter Rahjas Schleier des Vergessens verborgen.

~*~

“Oh nein, mein schöner Rock!” Idane stöhnte auf. “Das wird dauern bis Du das wieder sauber bekommst, Berania…” Etwas entnervt hob sie den Rocksaum leicht an, der nun schlammbespritzt war. “Tobrische Schmiede sind auch nicht mehr das, was sie früher einmal waren.” war Tjorbijs trockener Kommentar und sie hob nachdrücklich das Hufeisen, das Idanes Pferd verloren hatte. Turijan musste grinsen. “Noch nicht mal das Pferd möchte dort hin.” “Hör zu, junger Mann. Das Land mag vielleicht nicht dem entsprechen, was Ihr gewohnt seid. Aber es ist schön und liebenswert….” “Wie auch seine Menschen. Und besonders seine Töchter.” warf seine Tante, nun etwas schmunzelnd, ein. “Auf diesem Pferd solltest Du auf jeden Fall nicht mehr weiterreiten, es ist aber ja auch nicht mehr weit - nimm doch mein Pferd für den restlichen Weg, die halbe Stunde laufe ich gerne.” bot Tjorbij an. “Wahrscheinlich ist es dann schon dunkel bis wir ankommen,” merkte Berania an, “bis morgen ist Eure Garderobe aber wieder tadellos - darum kümmere ich mich noch.”

~*~

Der Tag des Festes.

“Verphext… dieser Zwerg hat keinen guten Einfluss auf mich.” Mit einem gequälten Grinsen tauchte Kendrick sein hämmerndes Haupt in die Waschschüssel. Das kalte Wasser ließ ihm den Atem stocken. Aber es tat seinen Dienst. Nicht unbedingt wach aber wenigstens erfrischt griff er sich ein Handtuch und rubbelte sein Haar trocken. Bevor er sich in seine Kleidung warf blickte Kendrick aus dem Fenster. Der Himmel strahlte Blau, ein leichtes Lüftchen bewegte sanft die Wipfel der Bäume. Alles war wie gemacht für einen Tag voller Kurzweil und Freude. Einzig das leicht pelzige Gefühl auf seiner Zunge sorgte für einen Missklang in dieser Harmonie. “Nichts was sich nicht mit einem Becher Wein beheben ließe…” grummelte er vor sich hin und begab sich in die untere Etage für ein herzhaftes Frühstück. Und einen Becher Wein.

Nach dem ausgiebigen Frühstück war es dann auch an der Zeit den offiziellen Teil des Festes hinter sich zu bringen. Kendrick war dieser Teil immer der unbeliebteste. Doch gerade angesichts der in diesem Jahr zahlreichen auswärtigen Gäste ließ sich dieser Auftritt wohl kaum vermeiden lassen. Außerdem war ihm zugetragen worden, dass heute morgen auch noch hoher Besuch den Weg nach Hagensmoor gefunden hatte. Idane von Gernotsborn, die Witwe Delos. Eine ganz besondere Ehre, die ihm hier zuteil wurde.

Als Kendrick aus seinem Wohnturm zum Festplatz schritt, hatte im Dorf schon ein munteres Treiben begonnen. An den Tischen hatten sich Dörfler und Gäste in bunter Mischung eingefunden. Am lautesten war es dort, was Wunder, wo die Söldner des Sturmbanners sich niedergelassen hatten. Wenn es was zu feiern gab scheuten die Söldlinge nicht einmal einen frühen Aufbruch, um rechtzeitig dabei zu sein. Auch Tharna hatte sich bei den Söldnern  eingefunden, ebenso die drei Zwerge. Grinsend musste der Vogt feststellen, dass auch sie nicht sonderlich viel Farbe im Gesicht besaßen und leicht übernächtigt wirkten.

Auf der Bühne boten die Gaukler derweil ein kleines Angebot ihrer Kunst, wobei sich das Publikum derzeit auf eine ausgelassene Kinderschar beschränkte, die natürlich die Jonglagevorführungen Jharyts am lautesten beklatschten. Als Jharyt den Vogt heranschreiten sah, beendete er seine Vorstellung und kündigte mit lauter Stimme die Ankunft des Gastgebers an. “Höret, höret, höret! Schweigt nun stille und vernehmt die Worte unseres erlauchten Kendrick von Haaaagensmooooor…!” Der so lauthals Angekündigte hob beschwichtigend die Hände, um dann in aller Kürze alle Gäste zu begrüßen und das Fest zu eröffnen. Natürlich fehlten in seiner Ansprache auch nicht die Hinweise auf die vielfältigen Spiele, die neben den Gauklern für Kurzweil sorgen sollten. Ein Bruchenturnier würde nach der Mittagsstunde allen Übermütigen Gelegenheit geben überschüssige Kräfte in sinnvollere Bahnen zu lenken, als die sonst üblichen Schlägereien. Eine Lehre, die Kendrick in den ersten Jahren als Vogt gezogen hatte. Für die Kleineren gab es Strohsackgepompfe, dann noch einen Bogenschießwettbewerb und zu guter Letzt die Kürung der diesjährigen Appelprinzessin. Wohl jeder im Publikum hatte gemerkt wie unwohl dem Vogt bei dieser Eröffnung war und wie erleichtert er danach die Bühne wieder den Gauklern überließ. In gespannter Erwartung ging Kendrick nun zu Idane, um die edle Dame nun in aller Form in Quellensprung willkommen zu heißen.

Cendrasch hatte zwar keine Ahnung was ein ‘Bruchenturnier’ war, dafür aber war er Neugierig und auch abenteuerlustig genug, um zu versuchen mittels Anregung seines Kreislaufs seinen dicken Granitschädel loszuwerden.

Gorm und Groth, die von dieser Idee Anfangs nicht wirklich begeistert schienen, fanden nach und nach ebenfalls Gefallen an den Übungen der einzelnen Spielzüge, die die drei Zwerge nur in Stiefeln und Leinenhosen, dafür aber mit freiem Oberkörper verrichteten.

Bald schon dauerte es von Anlauf zu Anlauf immer länger, weil die Burschen, die sich ebenfalls in jener Sportart versuchten und die Zwerge lachend auf dem Boden lagen. Das man den durch die Leibesertüchtigung durstigen drei Angroschim Bier reichte tat sein übriges.

Bald schon hatten sich Mannschaften zusammengefunden, die dann durch Losentscheid gegeneinander antreten mussten. Diejenigen, denen dieses Spiel bislang unbekannt war, staunten nicht schlecht als in aller Kürze die Regeln erklärt wurden. Es ging darum das Spielgerät, einen Kohlkopf, an das gegnerische Ende des Spielfelds zu tragen. Dabei durfte der Ball jeweils immer nur an einen Mitspieler weitergegeben werden, der räumlich hinter einem lief. Ansonsten gab es kaum Regeln. Insbesondere was die Mittel anging den Ballträger zu attackieren, um in den Besitz des Gemüses zu gelangen, war körperlicher Einsatz erforderlich. Die drei Zwerge machten dabei aus ihrer, auf den ersten Blick, körperlichen Unterlegenheit eine Tugend. Immer wieder tauchten sie unter den zugreifenden Händen der Gegner hinweg, um dann in unerwarteter Geschwindigkeit nach vorne zu preschen.

Nach jedem Spiel musste ein neuer Kohlkopf seiner Bestimmung geopfert werden, da er durch das Tragen, Werfen und die intensiven Kämpfe mehr und mehr an Substanz verlor.

Das Endspiel dann bestritt die Mannschaft des Sturmbanners gegen die Gastgeber aus Quellensprung, denen auch die drei Zwerge angehörten.

Die Traviageweihte Fiana wachte vom Rande aus über das Spiel. Allerdings war ihre Aufmerksamkeit zweigeteilt, da Cendrasch ihr kurzerhand Hammer und Amboß, die beiden Bluthunde, zur Obhut gegeben hatte. Fiana war eine große und kräftige Frau, doch sie hatte ihre liebe Mühe die Hunde im Zaum zu halten, wenn es einem der Zwerge an den Kragen ging. Und dann  geschah, was kommen musste. Hammer riss sich los. Mit wehender Leine rannte er auf das Spielfeld, um sein Herrchen zu beschützen. In gerade Linie schoss der Bluthund auf einen der Söldner zu, der gerade den Kohlkopf erobert hatte und eine freie Bahn zu seinem Ziel hatte. Zu haben schien. Zum Glück vernahm er die Warnrufe, sah was da auf ihn zu kam und reagierte indem er den Kohlkopf von sich warf. Irgendetwas dabei weckte den Jagd- besser Spieltrieb des Hundes und er verfolgte nun den nicht mehr ganz so runden Kohlkopf. Er schnappte das Gemüse und brachte die Beute vor den vermeintlichen Feinden in Sicherheit. Schnurstracks in das vom Söldner anvisierte Ziel. Dort fraß er den Ball dann genüsslich auf. “Eigentor, Eigentor” brüllten die einen, “Das zählt nicht, der frisst den Ball” die anderen. Die meisten allerdings hielten sich die Bäuche vor Lachen.

So blieb Fiana am Ende nichts anderes übrig als diese Partie als ein unentschieden zu werten und beide Mannschaften als Sieger des diesjährigen Bruchenturniers zu küren.

Einziges Problem bei der Siegerehrung blieb, dass, wie in jedem Jahr, der Siegermannschaft ein Pokal übergeben wurde. Ein Pokal für zwei Mannschaften. Das brachte Fiana in eine kleine Krise. Sie hielt den Grob geschmiedeten Apfel in den Händen und wusste offensichtlich nicht so recht was sie nun tun sollte. Da ging einer der Söldner zu ihr und nahm ihr den Pokal aus den Händen. “Nun,” sprach er zur Menge der Zuschauer, “wir danken euch für diese Ehrung. Geben den Pokal aber gerne weiter an unsere Mitstreiter aus Hagensmoor. Denn…” er schaute dabei erst den Apfel an und dann in die Menge “...dieser Pokal kommt mit einem kleinen Problem. Wie, bei Kor, soll man daraus trinken???” Die Menge jubelte, während der Söldling den Pokal an die verdutzten Hagensmoorer übergab.

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Kendrick kam seinen Pflichten als Gastgeber nach und begrüßte die zahlreichen Gäste, indem er sich zu ihnen saß und ein paar Worte mit ihnen wechselte. So schnell es ging versuchte er an den Tisch von Idane von Gernotsborn zu gelangen. Immerhin war sie die hochrangigste Besucherin des diesjährigen Apfelfestes und als Witwe Delos auch nicht ganz unwichtig für ihn als Vogt der Baronie. Als er sich dem Tisch näherte sah er ein weiteres vertrautes Gesicht. Unwillkürlich griff an einen Beutel an seinem Gürtel, in dem sich eine unscheinbare Kastanie befand. In aller Form begrüßte er Idane und nickte deren Begleitung kurz zu. “Seid uns willkommen in Hagensmoor. Es ist uns eine Ehre, dass ihr dem Apfelfest in diesem Jahr mit eurer Anwesenheit einen ganz besonderen Glanz verleiht. Ich hoffe es fehlt an nichts?” “Vogt Kendrick, wie schön, Euch wiederzusehen!” Idane strahlte ihn an. “Wir haben uns bisher gut versorgt und unterhalten gefühlt. Darf ich Euch meinen Neffen, Turijan von Gorbingen und Gadang, vorstellen?” Sie legte dem jungen Mann der neben ihr saß, eine Hand auf den Arm, was dieser mit einem leicht gequälten Lächeln an seine Tante und dann einem freundlichen Kopfnicken an Kendrick quittierte. “Nach seiner Zeit in den Trollzacken und Ausbildung in den Nordmarken ist es nun an der Zeit die anderen Landstriche seiner Familie kennenzulernen. Und wo lernt man Land und Leute besser kennen als auf einem unverfälschten und volksnahen Fest?” “Wie Recht Ihr habt. Ich hatte gehofft durch meine Einladungen ein paar der Nachbarn kennen zu lernen. Umso mehr freut es mich, dass auch Ihr den Weg gefunden habt. Land und Leute haben lang genug gelitten, da ist es mir ein Bedürfnis mit meinen Mitteln ein wenig Abhilfe zu schaffen.” Er schaute über die Schulter auf das Treiben im Dorfe. “Und natürlich auch die nachbarschaftlichen Beziehungen zu vertiefen. die Zeiten sind nach wie vor hart. Da hilft es sicher auch, wenn man ab und an einen Becher miteinander geleert und zusammen gelacht hat.” Kendrick zuckte dabei mit den Schultern, ganz so als wolle er sich für den auch nicht ganz uneigennützigen Teil dieses Konstrukts entschuldigen. “Eine Hand wäscht nun einmal die andere. Und umso besser, wenn beide schon einmal geschüttelt wurden.” “Geschäftstüchtig wart Ihr ja schon immer.” schmunzelte Idane und schaute dann kurz fast ein wenig traurig, als Erinnerungen die ihren verstorbenen Gatten und Vogt Kendrick betrafen, durch den Kopf zogen. Doch rasch lächelte sie wieder. “Das ist auch das, was ich mir zur Aufgabe gemacht habe. Seit dem Bardenwettstreit auf dem Reichstag in Beilunk und der Solidaritätssammlung mit Marschall Gerdenwald war ich viel unterwegs, um für die Anliegen Tobriens zu sprechen und auch zu unterhalten und zu spielen…” Ihr Blick wurde etwas keck. “Wo ist denn gleich der Becher von dem Ihr gerade spracht?” Auf einen kleinen Wink hin kam eine Magd mit einem Tablett voller Becher, die bis zum Rand mit Apfelwein gefüllt waren. Schlimmer noch als dass jemand das Fest hungrig verlassen würde, wäre der Gedanke, dass hier eine Seele nicht ausreichend zu trinken bekommen hätte.

Später ergab sich dann endlich die Gelegenheit mit Tjorbij von Dunkelstein-Steineich, der Dame in Idanes Begleitung ein etwas ruhigeres Plätzchen zu finden. “Wie geht es dir?” erkundigte sich Kendrick. “Hast du von den anderen etwas gehört? Wie geht es dem Prinzen?” Es fiel ihm schwer seine Neugier zu verbergen. “Hier in Quellensprung ist so viel zu tun, dass ich kaum dazu komme mich um anderes zu kümmern.” Es war offensichtlich wie etwas an ihm nagte, fast so als bäte er um Absolution für seine Untätigkeit. Die Ritterin schien die Frage nicht beantworten zu wollen, oder zumindest lange darüber nachdenken zu müssen. Sicher war sich der Vogt nicht, deshalb wartete er länger bevor er ansetzte das Thema zu übergehen. Die Gemahlin der tobrischen Truchsess antwortet ihm jedoch kurz bevor er dies tun konnte. “Es mag verwundern, aber keiner von uns ist sichtlich in Erscheinung getreten. Ich habe nichts gehört von den anderen, obwohl es schon fast zu viele Läufe des Madamals her ist dass wir uns verbunden haben um Tobriens Zukunft zu stärken.” Fast schon leer schien ihr Blick für einige Sekunden. Dann schien das Leben in sie zurück zu fließen. “Aber mir geht es gut. Seine Liebden scheint kaum etwas von dem annehmen zu wollen was das hier alles ausmacht. Er ist und bleibt dem fern was seinen Ahnen Stärke und Anerkennung verschaffte. Er ist was er ist. Ihr habt sicher auch gehört was unternommen wurde um das Dererund seiner Anwesenheit zu berauben. Er scheint solches anzuziehen. Jedoch er ist Sumu erhalten geblieben, was dafür spricht dass weder Tobrien noch die Götter ihre Hoffnung in ihn aufgegeben zu haben scheinen. Reicht das als Antwort auf eure Fragen?” Tjorbij schien sich schwer zu tun über das Thema zu reden. Kendrick war sich sicher auch in ihren Worten etwas von dem Wunsch zu verspüren Absolution erhalten zu können. Die großen Pläne die sie beide verfolgen wollten lagen weiterhin vor ihnen, das wurde ihm klar.

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An einem anderen Tisch hatte sich eine Dame niedergelassen, die sich das bunte Treiben interessiert beschaute. Sie war etwas später zum Fest erschienen, so dass sie erst einmal verschnaufen musste. Auf einem Packpferd waren einige Kisten befestigt, die mittlerweile von ein paar helfenden Händen abgeladen und zu den anderen Getränken gebracht wurden. “Gestatten,” vor ihr stand eine junge Frau, die sich dann auch gleich, ohne Antwort abzuwarten setzte. “Mein Name ist Maja. Wie ich hörte bist du aus Tirandur?!” Mehr eine Feststellung als Frage. “Und Met als Gastgeschenk war eine gute Idee. Leider geht der meinige schon langsam zur Neige.” Mit einem umschweifenden Blick und einem Achselzucken nippte sie an ihrem Becher. “Der Durst der Quellensprunger ist angeblich berüchtigt. Dein Nachschub kommt also wie gerufen.”

Die hübsche junge Frau, die sich gerade erst gesetzt hatte, klopfte sich ein wenig Staub von ihrer robusten Reisekleidung und lächelte Maja offen und freundlich an. “Da hast Du recht gehört, ich bin Lyanna aus Tirandur.” Sie reichte Maja die Hand und drückte sie fest. “Und wenn Du es bewerkstelligen kannst, auch mir und meinem Begleiter später einen Humpen des Mets zukommen zu lassen, dann werden wir uns sicher gut verstehen.”

Während Maja sich nickend erhob um die Verteilung von Speis und Trank weiter zu beaufsichtigen, hatte sich der Begleiter der jungen Frau, ein glatzköpfiger und ein wenig mürrisch dreinblickender älterer Herr in Kettenhemd und Wappenrock neben ihr nieder gelassen und ließ seinen Blick nun ebenfalls schweifen. “Ich kann den Herrn des Hauses nirgends erblicken” erklärte er. Lyanna strich sich eine vorwitzige Locke ihres dichten Haares hinter ein Ohr und lächelte ihren Begleiter an: “Er wird sich schon beizeiten zu uns gesellen, Gereon. Nun macht nicht so ein sauertöpfisches Gesicht, wir sind hier auf einem Fest, also amüsiert Euch ein wenig…. Seht mal, da kommen auch schon unsere Getränke”. Die beiden dankten Maja und stießen dann an. Nach dem ersten Schluck entspannte sich der alte Recke scheinbar tatsächlich etwas, während Lyanna all das bunte Treiben geradezu in sich aufzusaugen schien und jedem ein herzliches Lächeln schenkte, dessen Blick den Ihren einfing (oder anders herum…). “Da ist er ja!” Maja sprang auf und verschüttete dabei fast ihren Met. “Heda, Kendrick! Komm doch mal herüber und begrüße deine Gäste!” Und nicht nur Kendrick wurde aufmerksam. Einige Köpfe zuckten herum ob der vertraulichen Anrede, die Maja nutzte. doch während die einheimischen nur wissend schmunzelten, schüttelten ein paar der zugereisten Gäste die Köpfe. “Verzeiht, wenn ich Euch nicht früher begrüßen konnte, doch Ihr seht ja…” Kendrick zeigte auf das Treiben “was hier so los ist. Aber das soll keine Entschuldigung sein.” “Das sind Lyanna und Gereon aus Tirandur.” vorwitzte Maja noch bevor sich Kendrick selber nach den Namen seiner Gäste erkundigen konnte. “Na dann sind wir ja fast Nachbarn. Ein Grund mehr zur Freude über Eure Anwesenheit. Wie ist die Lage bei Euch? Lasst uns noch etwas Trinken und Essen. Und gerne darüber sinnieren wie wir uns nachbarschaftlich helfen können. Es gibt auch hier noch so einiges zu tun.” Die junge, hübsche Dame stand auf, ergriff Kendricks Hand fest und lächelte ihn warmherzig und offen an. “Freut mich, Euch kennen zu lernen. Mein Name ist in der Tat Lyanna und ich freue mich, Euch die Grüße meines Bruders Jarlwulf, des Vogtes von Triandur, auszurichten. Meinen Begleiter und tapferen Beschützer Gereon von Gerdenwald-Schnattermoor kennt Ihr ja bestimmt”. Darauf setzte sie sich wieder und stieß mit Kendrick an. Tatsächlich war Gereon Kendrick vom Namen her bekannt. Er führte die Baronie Tirandur über viele Götterläufe als Vogt und stand nun dem neuen Vogt - dem Sohn des Barons von Tirandur - als Berater zur Seite. Merkwürdig kompliziert diese Verhältnisse aber es war ja nun möglicherweise Zeit genug sich damit zu befassen. Er prostete den beiden Gästen zu und nachdem alle einen Schluck genommen hatten, ergriff Lyanna wieder das Wort. “Mein Bruder lässt sich entschuldigen, er ist mit einigen seiner Männer auf der Jagd nach einer handvoll Schurken. Aber um auf Eure Frage zu antworten, davon abgesehen ist es bei uns im Moment, Hesinde und Peraine sei Dank, recht ruhig und die Ernten waren gut. Übrigens hat mein Bruder mir aufgetragen Euch einen Brief zu übergeben. Darin geht es um ein paar Einzelheiten bezüglich des Safrans - das weiß ich übrigens so genau, weil ich den Brief in seinem Auftrag verfasst habe.” fügte sie mit einem Augenzwinkern und einem verschmitzten Lächeln an. “Aber ich denke den Brief überreiche ich Euch nach Eurem Fest, wir wollen uns doch an einem so schönen Tag über nichts geschäftliches unterhalten, oder? Stattdessen sollten wir die schöne Musik nutzen… Wie wäre es mit einem Tanz?” Wiederum über das ganze Gesicht strahlend erhob sie sich und streckte dem etwas verdutzten Kendrick ihre Hand entgegen…

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Das Sturmbanner feierte den Sieg beim Bruchenturnier ausgiebig. Selbst wenn es nur zehn Söldner waren, machten sie auch beim Feiern dem Ruf des Sturmbanners alle Ehre. Nicht nur auf dem Schlachtfeld war ein Söldling mehr wert als fünf andere. Und es schien als wollten diese Recken heute die Quote weiter nach oben treiben. Fast ohne Pause gingen ein oder zwei von ihnen zu den Getränken und holten Nachschub. Mit der Zeit wurde aus dem direkten Weg mehr eine Schlangenlinie, doch immer fanden sie zielsicher neue Getränke, die dann gemeinsam mit den Dörflern, die sich zu den Söldnern gesellt hatten, verköstigt wurden. Dabei jagte eine Anekdote über gewonnene Schlachten und überstandene Gefahren die anderen. Und immer wieder grölten sie ihren Schlachtruf. “Ob Angrosch, Swafnir, Rondra, Kor. Sieg oder Tod - Sturmbanner vor.” Und nach Geschichten über gefallene Kameraden folgte häufig der Trinkspruch “Ein Hoch auf den nächsten, der stirbt!”

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Es dämmerte als die letzten Spiele vorbei waren und sich alle um die angezündeten Feuer versammelten. Vogt Kendrick war zufrieden. Seine anfängliche Sorge, dass angesichts der in diesem Jahr zahlreichen Besucher, etwas nicht wie geplant laufen könnte, hatte sich, den Göttern sei Dank, nicht bestätigt. Jeder, mit dem er gesprochen hatte, war voll des Lobes. Ganz sicher würden einige von ihnen auch im nächsten Jahr wieder auf dem Apfelfest vorbei schauen. So gönnte sich der Vogt einen kleinen einsamen Rundgang durch das Dorf. Er war ein wenig müde, doch auch recht zufrieden. Seit er die Verantwortung für die Baronie übertragen bekommen hatte war so einiges geschehen. Viel Aufbauarbeit in den einzelnen Dörfern, eine Wiederbelebung des Handels und nicht zuletzt das Abkommen mit den Al’Anfanern um den tobrischen Safranhandel. All das hatte viel Kraft gekostet. Um so mehr genoss er die friedlichen Momente. Als er zurück zum Dorfplatz kam war die Dunkelheit bereits hereingebrochen. Die Gaukler der KGIA, bei dem Namen musste er jedes Mal ein wenig schmunzeln, hatten vor der Bühne einen Halbkreis durch kleinere Feuer abgegrenzt. “Und nun, wertes Publikum, macht euch bereit für die formidablen, fulminanten und fantastischen Feuerkünstler der KÖNIGE der GAUKLER. IKANARIAS ADEPTEN!!!” Es begann mit einer Jonglage Jharyts mit drei brennenden Bällen, die er durch die Dunkelheit tanzen ließ wie aufsteigende und wieder fallende Sterne. Im Hintergrund sorgten seine Kumpane für musikalische Begleitung, die je nach den geworfenen Figuren mal an Tempo zunahm, mal lauter und mal leiser wurde. Dann wechselte er das Gerät und hielt nun einen Stab in den Händen, der an beiden Enden in Feuerkugeln endete. Der Stab entwickelte dabei ein Eigenleben, so dass es schien als wäre er selbst belebt. Die Flammen verschwammen miteinander, bildeten Kreise, Achten, miteinander verwobene Muster, die die Zuschauer von einem “Ahhh” zum nächsten “Ohhh” trieben. Und zum Abschluss der Vorführung kamen alle Gaukler auf und vor die Bühne. Jeder mit einem brennenden Utensil in den Händen. Lediglich der Zwerg hielt sich im Hintergrund und gab mit einer Handtrommel den Rhythmus für die Akteure vor. Der Takt wurde immer schneller, eskalierte schließlich in einem Wirbel an dessen Schluss sämtliche Feuer in einem letzten Aufbäumen verloschen. Für einen Augenblick herrschte Dunkelheit und Stille. Dann erhob sich tosender Applaus der Zuschauer. Aber als sich dann alle Augen an die plötzliche Dunkelheit gewöhnt hatten, starrten alle auf einen leeren Platz, denn wie von Geisterhand weggewischt waren alle Gaukler verschwunden. Nur um im nächsten Moment allesamt wieder auf der Bühne zu erscheinen. Wieder applaudierten die Zuschauer was die Gaukler zu wiederholten Verbeugungen zwang. “Wir danken euch untertänigst für den Beifall und eure Aufmerksamkeit. Mögen die Zwölfe und Phex voran stets ein wachsames und wohlwollendes Auge auf euch werfen. Wenn euch unsere Darbietung gefallen hat, dann lasst klingende Münze sprechen. Und wenn sie euch nicht gefallen hat, dann erzählt davon euren Feinden. Es bedanken und empfehlen sich die KÖNIGE der GAUKLER. IKANARIAS ADEPTEN.”

Die Gaukler gingen daraufhin mit ihren Mützen durch die Zuschauer von denen fast jeder auch eine Münze hineinfallen ließ. Jharyt begab sich direkt zu Kendrick, der ihm dankbar zulächelte. “Eine prachtvolle Vorstellung, mein Lieber. Merkt euch diesen Tag und seid im nächsten Jahr wieder unsere Gäste.” Mit diesen Worten wechselte ein Beutel mit Goldstücken seinen Besitzer. Die beiden Männer grinsten sich beide zufrieden an, wurden dann aber von einem rasselndem Tamburin unterbrochen. Denn von allen unbemerkt hatte sich eine verhüllte Gestalt auf die Bühne geschlichen, die das Tamburin, nachdem sie sich der Aufmerksamkeit alle bewusst war, achtlos in eine Ecke warf. “Auch ich darf euch alle in Quellensprung willkommen heißen. Freut euch des leichten Lebens und genießt gerne den Augenblick. Doch seid gewiss: Die dunklen Zeiten sind noch nicht vorüber. Das dunkle Herz Tobriens schlägt noch. Der Feind ist noch nicht besiegt.” Die Stimme der Frau war nicht laut, doch durchdrang sie den ganzen Platz. Die Gespräche verstummten. “Safira”, “Safira Seeklang, “Die Druidin” murmelten die, die die Gestalt erkannten. “Macht euch bereit für schwere Prüfungen.” Safira hatte ihre Kapuze zurückgeworfen, so dass ein jeder nun im Flammenschein ihr altersloses Gesicht erkennen konnte. Sie verließ stumm die Bühne und ging auf Vogt Kendrick zu. Und so, dass nur er sie hören konnte fuhr sie fort “Der Bund des Gorbanor…” sie bannte Kendrick mit ihren Blick “...steht vor einer großen Aufgabe. Steht zu eurem Wort. Untätigkeit wird Folgen haben und der Feind lauert überall.” Mit einer fast beiläufigen Bewegung warf die Druidin etwas in das nächststehende Feuer. Ein Rauchsäule schoss daraus empor. Und als sich der Qualm verzogen hatte, fehlte von ihr jede Spur.

"Wer war die Frau?", Cendrasch kam zu Kendrick gelaufen. Wobei sein Gang eher torkelnd war. Der Junker von Eisentann hatte sehr tief ins Glas geschaut. Seine beiden Begleiter hatte er wohl im Laufe des Abends verloren. Er war allein. Der Vogt war sich ziemlich sicher, dass Gorm und Groth unter irgendeinem Tisch lagen.

“Das war Safira. Safira Seeklang. Eine Person, die gerne mal etwas… sagen wir… dramatisiert. Nimm sie nicht ernst.” Kendrick gelang es nicht den Zwerg zu überzeugen. Das merkte er selbst. “Ach was! Safira ist eine Dienerin Sumus. Sie lebt hier irgendwo in Quellensprung und liebt solche Auftritte. Leider muss ich aber zugeben, dass sie mit ihren Ahnungen und Warnungen fast immer richtig liegt.” Als würde er frösteln zog der Vogt den Kopf zwischen die Schultern.

Die Antwort schien den Angroscho, zur Überraschung des Vogts nicht mit Argwohn zu erfüllen. Im Gegenteil, Cendrasch wirkte neugierig und Kendrick erinnerte sich daran, dass der Zwerg ihm erzählt hatte, dass sein Vater ein Geode war.

"Was hat sie gemeint? Von was für einem Bund sprach sie?", hakte der Junker nach. “Das, mein Freund, ist leider etwas über das ich dir nichts sagen kann.” Aber bevor Cendrasch zu einer weiteren Frage ansetzen konnte war Kendrick bereits aufgestanden. Fast schon fluchtartig erschien sein Abgang. Etwas rat- und sprachlos schaute Cendrasch seinem neuen Freund hinterher. Ganz sicher, dass er nicht zum letzten Mal über diesen Bund hören sollte.

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“Dramatisch war der Auftritt ja.” erklang eine neue, weiche, Stimme von der Bühne auf dem kleinen Platz. “Aber das ist keine Art, ein so schönes und gastfreundliches Fest ausklingen zu lassen. Man sollte so ein Zusammensein mit gemeinsamen Erinnerungen, neuen Vorfreuden und guten Gefühlen beschließen - so dass wir uns auch an dieses Fest stets mit diesen guten Gedanken zurückerinnern.” Idane von Gernotsborn war mit einer Laute auf die kleine Holzempore gestiegen, stellte ihren Becher neben sich ab, und blickte in die Runde. Ein paar der Anwesenden waren verstummt und blickten gespannt auf, andere, vor allem das Sturmbanner, hatte sie noch gar nicht wahrgenommen - das schien die  Frau allerdings nicht zu stören. Fast schon versonnen, begann sie auf ihrer Laute zu zupfen, eine leicht wehmütige, einfache Melodie, die jedoch auch zu Gemurmel bei einigen Anwesenden führte, denn kurz, bevor Idane begann, zu singen, ertönten die ersten Takte eines Liedes das viele kannte und das sich “Wolfenherz” nannte.

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Der Tag danach.

Das Praiosmal stand schon hoch am Himmel als Kendrick sich das erste Mal auf seinem Lager regte. Und mit einem stechenden Schmerz hinter den Augen quittierte sein Körper einen ersten Versuch selbige zu öffnen. “Uhhh.” Kendrick hielt sich die Hand vor die Augen und blinzelte leicht in den längst angebrochenen Tag. Langsam kam die Erinnerung an ein wahrhaft gelungenes Fest zurück in sein Bewusstsein. Wie gewohnt hatten sämtliche Quellensprunger keinen Trinkspruch ausgelassen und somit allen Gästen ein feuchtfröhliches Fest beschert. Einzig Safiras Auftritt am Schluss hätte fast die Stimmung gekippt. Wäre da nicht Idane mit ihrer Laute gewesen. Eine beeindruckende Frau!

Nachdem Kendrick sich kurz kaltem Wasser ausgesetzt und dann angezogen hatte, begab er sich hinunter für einen schnellen Happen und einen kleinen Schluck verdünnten Wein. Nach einem zweiten Schluck fühlte er sich ausreichend gewappnet, um den Ort des Geschehens zu inspizieren.

Der Großteil der Gäste war bereits in Aufbruchstimmung. Kendrick bedankte sich noch bei jedem persönlich und sprach auch gleich Einladungen für das nächste Mal aus. Er war nach wie vor hoch erfreut wie viele den Weg gefunden hatten. Einzig bereute er, dass er letztendlich nicht ausreichend Zeit gehabt hatte jeden Besucher entsprechend zu würdigen. Aber das war das Schicksal eines Gastgebers und niemand schien ihm die mangelnde Aufmerksamkeit vorzuwerfen oder gar übel zu nehmen. Im Gegenteil freute er sich auf Gegenbesuche und eine stärkere Gemeinschaft in Tobrien; über die Baroniegrenzen hinaus.

Als die letzten Gäste dann Hagensmoor verließen atmeten nicht wenige erleichtert auf. So schön das Fest gewesen war und so sehr man sich über die Besucher gefreut hatte…. Besuch war nun einmal wie Fisch; nach drei Tagen fängt er an zu stinken.

Kendrick indes ließ sein Pferd satteln, um Safira zu suchen. Nach ihrem Auftritt bestand durchaus Redebedarf. So verließ der Vogt Hagensmoor mit gemischten Gefühlen das Dorf. Einerseits erfreut, dass so viele Gäste den Weg gefunden hatten und neue Freundschaften geschlossen wurden. Andererseits mit einem mulmigen Gefühl was die nähere Zukunft anging.